Kommentar: Es wird Dreck geschmissen, bis er kleben bleibt

Razzia bei der Letzten Generation

Am Mittwoch kam es zu bundesweiten Razzien in Wohnungen und Geschäfften im Zusammenhang mit der Letzten Generation.
Am Mittwoch kam es zu bundesweiten Razzien in Wohnungen und Geschäfften im Zusammenhang mit der Letzten Generation. Foto: Jan-Marius Komorek

Tür auftreten, Zimmer durchsuchen und niemanden festnehmen: Die Polizei hat am Mittwoch, den 25. Mai, eine Razzia bei der Letzten Generation durchgeführt. Der Vorwurf der Kriminalität bleibt hängen, auch wenn er sich nicht bewahrheitet.

Am Mittwochmorgen wurden Klimaaktivist*innen aus ihren Betten geholt: Es gab eine Razzia bei der Letzten Generation. Die Generalstaatsanwaltschaft München begründete diese Handlung einerseits damit, dass sieben Personen eine kriminelle Vereinigung gebildet oder unterstützt haben sollen — konkret, weil sie mutmaßlich mit einer Spendenkampagne Straftaten finanzieren wollten. Und die Generalstaatsanwaltschaft begründet es andererseits mit Strafanzeigen aus der Bevölkerung. Diese Anzeigen sind mitunter ein Jahr alt, von Mitte 2022, um genau zu sein. Dass seitdem schon eine Razzia wegen „Bildung und Unterstützung krimineller Vereinigung” bei den Klimaaktivist*innen durchgeführt wurde, spielt dabei keine Rolle. Auch nicht, dass dabei bereits Laptops, Handys und Plakate beschlagnahmt wurden. Bemerkenswert ist aber, wie schnell die Justiz bei manchen Anliegen durchgreifen kann – wenn sie will. Ob es daran liegt, dass die Organisation im politisch linken Spektrum zu verorten ist? 

Gutes Timing zu den bayrischen Landtagswahlen

Diese Razzia kommt der CSU wahrscheinlich gelegen, so kann sie vor den Landtagswahlen im August nochmal klare Kante zeigen. Schon im Dezember hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im ZDF-Morgenmagazin gefordert, dass die „erheblichen Straftaten” von Anhängern der Letzten Generation bekämpft werden müssten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte vor einer „Klima-RAF”Bei der Razzia am Mittwoch gab es allerdings keine Festnahmen bei der Letzten Generation. Dafür wurden Konten der Organisation und die Website gesperrt. Die juristische Bewertung, ob es sich wirklich um eine kriminelle Vereinigung handelt, steht aber noch aus. 

Allein der Vorwurf bleibt an der Letzten Generation kleben

Es steht außer Frage, dass die Vorfälle am Mittwoch auch Politiker*innen anderer Parteien entgegenkommen. Für Christian Lindner (FDP) ist die Letzte Generation „brandgefährlich”. Gefährlich sind die Demo-Aktionen vor allem aber für umwelt- und verkehrspolitische Pläne seiner Partei. Und wer wie SPD-Politiker Michael Roth gar die Aktivistinnen und Aktivisten mit der Taliban in Afghanistan vergleicht, zeigt nicht nur kein Verständnis von politischem Protest, sondern legt auch beträchtliche Pietätlosigkeit an den Tag. Olaf Scholz (SPD) sollte überlegen, ob eher diese Aussage aus seiner Partei völlig bekloppt ist — im Gegensatz zu den Aktionen der letzten Generation selbst, die er als „völlig bekloppt beurteilte. 

Voraussichtlich wird an der Letzten Generation der Vorwurf der Kriminalität hängen bleiben, auch wenn er sich nicht bewahrheiten sollte. Dann wird er die Organisation genauso begleiten, wie der Begriff „Klimakleber” — und damit die ernsthaften Forderungen zum Klimaschutz und zur Bürgerbeteiligung noch weiter in den Hintergrund drängen. Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Vergessen sind die Begriffe wahrscheinlich erst dann, wenn der Klimawandel in Deutschland für alle spürbar ist. 

Jahrgang 1997, hat schon einmal für den HR die Europameister im Fliesenlegen begleitet. Sie selbst legt lieber Musik auf. Als die Clubs in der Corona-Zeit geschlossen waren, brachte sie sich selbst bei, House-Musik zu mixen. Musik ist für Anna ein großes Thema. Ihr Abitur machte sie auf dem bekannten Musikgymnasium Montabaur. Neben dem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaften in Münster arbeitete sie für die “Westfälischen Nachrichten” als Kultur- und Onlinejournalistin. Bei dem Campussender ihrer Uni leitete sie die Onlineredaktion und schrieb für das Straßenmagazin "draußen e.V." über öffentlichen Raum. Annas großer Traum: ein eigener Radiosender auf Spiekeroog.