Verfassungsschutz steht vor neuen Herausforderungen

Extremismus in Hamburg

Überwachungskamera
Der Verfassungsschutzbericht 2022 aus Hamburg wurde veröffentlicht. Die Bedrohung der Demokratie kommt dabei von mehreren Seiten. Foto: Pixabay

Am Montagmittag wurde in Hamburg der Verfassungsschutzbericht 2022 vorgestellt. Das Dokument zeigt: Die islamistische Szene in Hamburg ist gewachsen, die größte Gefahr kommt laut Innensenator Andy Grote von rechts.

Einmal jährlich legt der Geheimdienst seinen Verfassungsschutzbericht vor. Der Bericht zeigt verfassungsfeindliche und extremistische Entwicklungen auf, die sich gegen die demokratische Grundordnung in Deutschland richten. Am Montagmittag präsentierten Innensenator Andy Grote (SPD) und Torsten Voß, Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) die Ergebnisse für Hamburg aus dem Jahr 2022. In dem aktuellen Bericht wird deutlich, dass die islamistische Szene gewachsen ist und vom Rechtsextremismus nach wie vor eine große Gefahr ausgeht.

Islamistische Szene in Hamburg wächst

In Hamburg werden 1755 Personen der islamistischen Szene zugeordnet, unter ihnen seien knapp 500 Salafisten sowie Dschihadisten. 82 Prozent von ihnen gelten als gewaltorientiert, so Grote und Voß bei der Vorlage des Berichtes. Die Szene ist somit deutlich gewachsen. Im Vorjahr wurden 1650 Islamist*innen gezählt. Die Gefahr gehe dabei vor allem von Einzelpersonen aus, so Grote am Montag. Um noch stärker gegen die radikalen Islamist*innen vorzugehen, plant der Verfassungsschutz eine neue Spezialeinheit, welche die Aktivitäten im Internet beobachten soll. Im Sommer diesen Jahres soll die Einheit voll einsatzfähig sein.

Verfassungsschutzbericht 2022: Größte Gefahr von Rechts

Die größte Bedrohung für die Demokratie geht laut Hamburgs Innensenator Andy Grote jedoch weiterhin vom Rechtsextremismus aus, auch wenn die Szene mit 380 zugeordneten Personen in Hamburg im Vergleich eher kleiner ist. 130, also knapp ein Drittel, von ihnen gelten als gewaltorientiert. In der rechtsextremistischen Szene wurden im letzten Jahr zudem 512 Straftaten vernommen. Im Vergleich zum Jahr 2021 ist die Zahl zwar zurückgegangen, befindet sich jedoch weiterhin auf hohem Niveau. Die Zahl der Reichsbürger*innen in Hamburg hingegen ist mit 340 auf einem neuen Höchststand, so der Senat.

Hamburg als Zentrum der linksextremistischen Szene

Der Verfassungsschutzbericht widmet sich auch der linksextremen Szene. Diese ist mit 1130 Personen (2021 waren es 1240 Personen) deutlich größer als die rechtsextreme, 75 Prozent von ihnen werden als gewaltorientiert eingeschätzt. Allerdings nehme die linksextremistische Szene laut Voß einen Strategiewandel vor. Statt Straftaten auf Demonstrationen oder Behörden konzentriere sie sich nun auf persönliche Angriffe im privaten oder auch beruflichen Umfeld.

Es handle sich vermehrt um kleine Gruppierungen. „Wenn sich die Radikalisierungsspirale so weiterdreht, wie es gerade scheint, dann rückt der Moment sicherlich näher, dass man auch vom Linksextremismus in den Linksterrorismus kommen kann“, schätzt Grote die aktuelle Lage ein. Dieser Punkt sei allerdings noch nicht erreicht. Dennoch schätzt Dennis Gladiator, Innenexperte der CDU-Bürgschaftsfraktion, die Situation des Linksextremismus in Hamburg als besorgniserregend ein. „Dass Hamburg nach wie vor das Zentrum der linksextremen Militanz ist, ist absolut inakzeptabel und zeigt sehr deutlich, dass der Senat hier viel zu wenig tut“, so Gladiator. 

Krieg in der Ukraine hat Auswirkungen auf den Verfassungsschutz

Die Aktivitäten von Anhänger*innen des verschwörungsideologischen Extremismus in Hamburg haben sich laut dem Verfassungsschutzberichts besonders in das Internet verlagert. So wurden in diesem Zusammenhang auch vermehrt pro-russische Narrative verbreitet. Der russische Angriffskrieg, die Energiekrise sowie Preissteigerungen werden wiederholt dafür genutzt, demokratische Institutionen anzuzweifeln. Dem verschwörungsideologischen Extremismus werden in Hamburg Reichsbürger*innen, Selbstverwalter*innen sowie Delegitimierer*innen zugeordnet.

In Form von Cyberspionage und -angriffen haben die russischen Aggressionen laut des Berichts einen Einfluss auf die Arbeit des Verfassungsschutzes. Mit 369 Außenkontakten wandten sich 2022 die meisten Behörden und Firmen an das LfV, ein neuer Höchststand wurde damit erreicht. Nach Einschätzungen von Grote sei der Verfassungsschutz noch nie so stark gefordert, nachrichtendienstlich gesteuerte Cyberattacken aufzudecken.

Innensenator Andy Grote sieht die Gesamtsituation nach wie vor als Krisenmodus an, eine Entspannung sei nicht in Sicht. Die Bedrohungen für die Demokratie würden dabei von mehreren Seiten kommen, wodurch die Herausforderungen für den Verfassungsschutz umfangreicher und vielfältiger werden. Der Verfassungsschutz soll als eine Art Frühwarnsystem für Bedrohungen dienen.

jac/dpa

Jacqueline Kurjahn, Jahrgang 2000, gewann einmal einen Pokal für einen Laufwettbewerb, obwohl sie eigentlich gar nicht daran teilnehmen wollte – sie trat als einzige in ihrer Altersklasse an. Aufgewachsen ist sie in Visbek bei Oldenburg, bis heute organisiert sie dort Ferienlager für Jugendliche. In Salzgitter studierte sie Medienkommunikation. Um die mediale Aufmerksamkeit für unter anderem Start-ups bemühte sie sich in einer kleinen PR-Agentur. Als Werkstudentin setzt sie in der Vermarktungsabteilung der Hamburger Morgenpost Social-Media-Kampagnen für Anzeigenkunden um. Auch privat ist Jacqueline viel auf Instagram unterwegs – als lebendes Newsportal für Promi-Tratsch. (Kürzel: jac)