Robert Habeck ist am Montag doch nicht wie geplant zur COP28 nach Dubai gereist. Statt Klimakrise steht für ihn erstmal die Haushaltskrise auf der Agenda. Ein Armutszeugnis für die Finanzpolitik der Ampel.

Foto: Steffen Prößdorf

Eigentlich hätte Robert Habeck (Grüne) am Montag schon im Flieger in Richtung Weltklimakonferenz sitzen sollen. Die Flug-Emissionen spart er jetzt ein. Denn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erteilt ihm Hausarrest: Der Wirtschaftsminister wird in Berlin gebraucht und muss das haushaltspolitische Chaos aufräumen helfen.

Der Koalition läuft die Zeit davon, eine Lösung in der Haushaltskrise zu finden. Der vorerst verschobene Besuch der COP28 zeigt das umso deutlicher. Bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch müssen SPD, FDP und Grüne auf eine Einigung in Sachen Haushalt kommen. Nur so gibt es noch genügend Zeit für das parlamentarische Verfahren im Anschluss – und ganz überhaupt: einen Bundeshaushalt 2024.

Was ist der Bundeshaushalt?

Im Bundeshaushalt oder Haushaltsplan werden jährlich die Einnahmen und Ausgaben des Bundes festgelegt.

Doppeltes Zeichen in Sachen Klima

Die Ampelkoalition steht unter Druck: 60 Milliarden Euro wollte die Ampel von einem ehemaligen Corona-Kredit für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft nutzen. Um so gekonnt die Schuldenbremse zu umgehen. So ganz ging der Plan nicht auf: Das Bundesverfassungsgericht hatte im November das Vorhaben für verfassungswidrig erklärt.

Wie nun die Milliardenlücken im Bundesetat füllen? Nicht nur die Opposition fordert endlich Klarheit. Insbesondere die deutschen Unternehmen sind nervös. Schließlich haben sie sich schon auf eine grüne Transformation der deutschen Wirtschaft eingestellt. Insgesamt neun Projekte des Bundes mussten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erstmal gestoppt werden. Darunter Fördermittel für Wärmenetze, serielle Sanierungen, klimafreundliche Kältemittel oder E-Lastenräder. Die Koalition hinterlässt mit dem Haushaltschaos ein doppeltes Zeichen in Sachen Klima: Ein Klimaschutzminister, der nicht auf der Weltklimakonferenz erscheint und enttäuschte Unternehmen, die auf eine grüne Wende warten.

Fehler hat sich die Koalition diesbezüglich nicht wirklich eingestanden. Nach viel hin und her soll nun doch die Schuldenbremse ausgesetzt werden – das vierte Jahr in Folge. Dafür muss der Bundestag erneut eine außergewöhnliche Notlage erklären. Endgültig festgehalten wird das voraussichtlich im Nachtragshaushalt 2023, über den der Bundestag Mitte Dezember noch final abstimmen muss.

Was ist die Schuldenbremse?

Die Schuldenbremse zwingt Bund und Länder zur Sparsamkeit. Die Grundregel: Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen.

Die rückwirkende Erklärung einer Notlage sei allerdings „äußerst problematisch“, teilte der Bundesrechnungshof am Montag mit. Zusammengefasst: ein weiterer Rückschlag der Ampel. Erst vor wenigen Tagen hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung in mehreren Punkten als rechtswidrig berurteilt. Von einer verfassungswidrigen Finanzplanung über eine scheiternde Klimaschutzpolitik – die Ampel kommt nicht zu Ergebnissen. Dazu twitterte unter anderem die “Heute-Show” folgendes:

Als wäre das Chaos für den Nachtragshaushalt 2023 nicht schon genug, klopft auch schon das nächste Jahr an die Tür. Noch knapp 17 Milliarden Euro werden kurzfristig gebraucht, um das Loch im Bundesetat für 2024 zu stopfen. Bürgergelderhöhung stoppen, klimaschädliche Subventionen abschaffen oder doch Steuern erhöhen – Habeck wird wohl noch eine Weile in Berlin gebraucht.

Das verpasst Habeck auf der COP28

Der Wirtschaftsminister verpasst mit seiner Abwesenheit auf der COP28 den Tag für Energie und Industrie. Ein wichtiger Tag mit Schwerpunktthemen wie Wasserstoff, Dekarbonisierung und Energieeffizienz. In Dubai sollte er, genauso wie Scholz, der schon am Freitag dort war, für ein fossiles Aus werben. Anschließend war auch noch eine Reise nach Saudi-Arabien und in weitere arabische Staaten geplant – in das Zentrum der Erdölproduktion.

Allerdings: Bisher ist Habecks Besuch auf der COP28 nicht abgesagt, sondern nur auf den nächstmöglichen Zeitpunkt verschoben. Ob auch danach noch Zeit für einen Besuch sein wird, ist fraglich. Die COP28 läuft immerhin nur noch knapp eine Woche.

Die Zeit läuft, für das Klima und den Haushalt

Noch am Sonntagabend bekräftige Habeck in der ARD-Sendung “Anne Will” bezüglich des Bundehaushaltes: „Ich bin ganz optimistisch, dass wir auf gutem Weg sind, uns zu einigen“. Der abgesagte Besuch auf der COP28 bestätigt wohl eher das Gegenteil und das Ausmaß der Haushaltskrise. Zu hoffen bleibt, dass die Gespräche zwischen Scholz, Finanzminster Christian Lindner (FDP) und Habeck zu einem Ergebnis führen – einem, das nicht verfassungswidrig ist. „Wir brauchen ein klares Signal der COP28 an Märkte und Investoren der Energiewende“, sagt Habeck. Damit hat er recht. Ein klares Signal, um Klima und Haushalt gleichermaßen zu retten, bräuchte es auch in Berlin jetzt dringend.

Lena Gaul, Jahrgang 1998, filmt und tanzt auf fremden Hochzeiten: Sie arbeitet seit
ihrem Bachelor-Abschluss in Medien und Kommunikation für eine Hamburger
Hochzeitsagentur. Lena ist in Ingelheim geboren, und obwohl ihre Mutter aus
Thailand stammt, hält sich ihr Fernweh in Grenzen. So zog Lena zwar für ihr
Studium nach Passau, jedoch ohne die Stadt jemals besucht zu haben. Mittlerweile
will sie nicht mehr Hochzeitsplanerin werden, sondern lieber wieder mehr schreiben,
wie bereits in ihrem Praktikum in einer Social-Media-Agentur. Das geht auch ohne zu
verreisen. (Kürzel: len)