Schwerbehindertenausweis beantragen, aber wie? Die Verfahrenslotsen in Hamburg sollen Menschen mit Behinderung unterstützen und für Durchblick im bürokratischen Labyrinth sorgen.
Für junge Menschen mit Behinderung und ihre Familien gibt es in Hamburg seit dem 1. Januar 2024 ein neues Unterstützungsangebot: Sogenannte Verfahrenslots*innen beraten und begleiten junge Menschen mit Behinderung sowie deren Familien dabei, die ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten. Dazu zählen unter anderem ein Schwerbehindertenausweis oder ein persönliches Budget. Die Lotsen sollen dabei helfen, bürokratische Barrieren abzubauen.
Lotsen begleiten auch zu Terminen
Die neuen Verfahrenslots*innen sollen außerdem die Hamburger Jugendhilfe dabei unterstützen, passgenaue Angebote für junge Menschen zu erarbeiten. Das erklärte die Stadt Hamburg in einer Pressemitteilung. Das Angebot gilt für alle jungen Menschen mit Behinderung bis zum 27. Lebensjahr. Auch für junge Menschen, bei denen eine Behinderung, beispielsweise aufgrund von Krankheit, zu erwarten ist, ist das Angebot vorgesehen.
Die Lots*innen sollen noch weitere Aufgaben übernehmen: Sie helfen nicht nur jungen Menschen mit Behinderung, sondern auch deren Eltern, Pflegeeltern oder Erziehungsberechtigten. Die Lots*innen sollen zudem über weitere Hilfs- und Beratungsangebote informieren. Sie begleiten auf Wunsch auch zu behördlichen Terminen und sollen sich für den individuellen Teilhabebedarf von jungen Menschen einsetzen, so die Stadt Hamburg. Dafür arbeiten die Verfahrenslots*innen unter anderem mit Kitas, Schulen und deren Beratungssystemen zusammen.
Verfahrenslotsen für „mehr Durchblick im Zuständigkeitsdschungel”
Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) bewertet das Angebot als „wichtigen Beitrag zu mehr gleichberechtigter Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderung”. Die Verfahrenslot*innen würden ihnen helfen, im Zuständigkeitsdschungel die richtigen Unterstützungsangebote zu finden. „Sie sorgen dafür, dass die jungen Menschen zu ihrem Recht kommen und die ihnen zustehenden Leistungen tatsächlich erhalten”, sagte die Sozialsenatorin weiter.
Ulrike Kloiber, Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, begrüßt das neue Angebot ebenfalls. Sie habe oft selbst erfahren, welche Odyssee Eltern von Kindern mit Behinderungen bereits hinter sich hätten, bis die benötigten Hilfen bei ihnen ankomme. Sie wünscht sich, dass die Verfahrenslots*innen vor allem „zum Zeitpunkt der Volljährigkeit der Jugendlichen zum Einsatz kommen”. Hier gäbe es sehr viele Systemänderungen, die weder die Jugendlichen noch deren Eltern alle kennen, sagte Kloiber auf Anfrage von FINK.HAMBURG.
Das Beratungsangebot der Verfahrenslots*innen ist laut Angaben der Stadt Hamburg kostenfrei, unabhängig und vertraulich. Der Kontakt zu den Lots*innen ist auf verschiedenen Wegen möglich. Für eine erste Kontaktaufnahme sind sie telefonisch unter der Lotsenhotline 040/428 63 4900 oder per Mail unter verfahrenslotsen@soziales.hamburg.de erreichbar. Anschließend wird ein zeitnahes Beratungsgespräch vereinbart. Auch Hausbesuche und Videoberatungen sind möglich. Zusätzliche Informationen erhalten Interessierte auf der Website der Sozialbehörde. Ein weiteres Informationsangebot für Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen bietet die Sozialorganisation Aktion Mensch in ihrem Familienratgeber.
So möchte Hamburg zur Inklusionsmetropole werden
Die Verfahrenslots*innen sind ein zentraler Baustein des 2021 verabschiedeten Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG). Ab 2028 sollen die Jugendämter für alle jungen Menschen mit und ohne Behinderung zuständig sein und Hilfen aus einer Hand gewähren. Die Verfahrenslots*innen unterstützen die Behörden und Ämter bei diesem Prozess. Das Unterstützungsangebot der Verfahrenslots*innen ist Teil des Hamburger Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Mit 66 Maßnahmen in acht Handlungsbereichen will Hamburg dem Ziel „Inklusionsmetropole“ näherkommen. Darunter sind unter anderem Maßnahmen zu den Themen Bildung, Stadtentwicklung und kulturelle Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Zusammengefasst sind die Maßnahmen im Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, den Schlotzhauer Anfang des Jahres vorstellte.
lan
Wenn Jolan Geusen, Jahrgang 2000, nicht gerade Tofuhack-Bolognese kocht, hört er Fußball-Podcasts. Seit einem Kreuzbandriss fährt er allerdings Rad, statt zu kicken. Als Kind wollte er Archäologe werden, entschied sich dann aber zum Studium der Politik- und Medienwissenschaft in Bonn. Journalistische Erfahrung sammelte er beim ARD MoMa, nebenbei arbeitet Jolan als freier Mitarbeiter beim „Bonner Generalanzeiger“. Der gebürtige Eifler kann bei 150 “Drei ???”-Folgen anhand der ersten 20 Sekunden den Titel benennen. Bis heute würde er gern einmal ein Bier mit den Sprechern der drei Detektive trinken. (Kürzel: lan)