Herzkreislaufprobleme, Hitzschlag, Infektionen: Die Klimakrise hat direkte Auswirkungen auf die Gesundheit. In Hamburg will man mit einem Hitzeschutzplan darauf reagieren. Und auch ein Forschungsprojekt an der HAW Hamburg trägt zur Wissensvermittlung bei.
Beitragsbild: Jacqueline Kurjahn mit Canva
124 Staaten unterschrieben im Dezember 2023 auf der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai ein viel beachtetes Dokument: die Gesundheitsdeklaration. Sie zielt darauf ab, gesundheitsbezogene Folgen des Klimawandels zu verhindern. Doch Expert*innen ging diese Erklärung nicht weit genug: Der Ausstieg aus fossilen Energien werde nicht einmal erwähnt. Dabei würden diese maßgeblich den Klimawandel beeinflussen.
Und die Klimakrise wiederum habe Einfluss auf die Gesundheit von uns allen. Steigende Temperaturen und Hitzewellen könnten zum Beispiel zu mehr Herz-Kreislauf-Beschwerden führen und gerade für ältere Menschen gefährlich sein. Aber auch bereits vorhandene Probleme mit den Nieren oder den Atemwegen können sich verschlimmern, heißt es in einem aktuellen Bericht des Robert Koch-Instituts zum Thema. Auch dass mehr Menschen während Hitzewellen sterben, beobachten Forschende. Dass Hitze gefährlich sein kann, ist also bekannt. Und was wird getan?
Eine Klimakonferenz auf der nur „weiche Formulierungen“ für Gesundheitsauswirkungen gefunden werden, sei enttäuschend, sagt Dr. Anne Hübner. Sie arbeitet als Ärztin für Anästhesie und Intensivmedizin und ist zudem wissenschaftliche Mitarbeiterin der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG e.V.). Positiv betrachtet sie den ersten Gesundheitstag in der Geschichte der COP28. Dort habe zumindest der Punkt „Gesundheit“ auf der Agenda gestanden und der sogenannte Health Day habe Chancen, sich auf der Klimakonferenz als festes Format zu etablieren, sagt sie. Das Zusammenspiel von Klima und Gesundheit stehe also zumindest auf der politischen Agenda.
So hängen Klima und Gesundheit zusammen
Auf der Agenda des alltäglichen Lebens steht das Zusammenspiel von Klima und Gesundheit ebenfalls. Extreme Hitze, Starkregen und Umweltverschmutzungen seien typische Ursachen, die zu Krankheiten oder gesundheitlichen Einschränkungen führen könnten, erklärt Juliane Bönecke gegenüber FINK.HAMBURG. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg in der Arbeitsgruppe für Infektionsepidemiologie. Die Veränderungen in den Ökosystemen würden sowohl direkt als auch indirekt die Gesundheit der Menschen beeinflussen. Direkte Auswirkungen wären beispielsweise die ansteigenden Temperaturen und die damit verbundenen vermehrten Herz-Kreislauf-Belastungen. Indirekte Folgen seien die vermehrte Zunahme der tropischen Stechmücken – auch in Europa –, die neue Krankheiten mit sich bringen. Und das Ganze funktioniere auch andersherum: „Unsere Lebensweise, inklusive Ernährung und Mobilität, beeinflusst nicht nur unsere Gesundheit, sondern hat auch Auswirkungen auf das Klima”, sagt Hübner.
Bei extremer Hitze wird vor allem das Kardiovaskuläre System oder Herz-Kreislauf-System stark belastet und auch das Gehirn kann bei anhaltender Belastung überhitzen. Dies kann im schlimmsten Fall zu Todesfällen führen.
– Juliane Bönecke
Was sind kardiovaskuläre Erkrankungen?
Der Begriff Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Kardiovaskuläre Erkrankungen) meint Erkrankungen des Herzens und der Gefäße. Dazu zählen etwa Bluthochdruck, Schlaganfall oder der Herzinfarkt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind für mehr als ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich. Die Entstehungsursachen sind vielfältig: Die Genetik spielt eine Rolle, aber auch der Lebensstil, etwa eine ungesunde Ernährung oder Rauchen. Prävention, Früherkennung und rechtzeitige Behandlung sind wichtig.
Allergische Erkrankungen können erste Zeichen von gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels sein. Denn steigende Temperaturen und Schadstoffe in der Luft nehmen zu. Derya Tasci, Gesundheitswissenschaftlerin an der HAW Hamburg, erklärt, dass steigende Temperaturen zunehmend problematischer würden: „Hitzeperioden können zu gesundheitlichen Problemen führen, insbesondere bei älteren Menschen, chronisch Kranken und Personen, die im Freien arbeiten. Die direkten Auswirkungen auf den menschlichen Körper reichen von Schwindelgefühlen bis zu Atemproblemen und Hitzeschlag, auch unter Jugendlichen“.
Wasser, Kleidung, frische Luft
Aufklärung und konkrete Maßnahmen seien notwendig, die die Bevölkerung auf klimatische Veränderungen vorbereiten. Tasci betont, dass insbesondere vulnerable Gruppen über Hitzeschutzmaßnahmen informiert werden sollten. Oftmals fehle es an einfachen Ratschlägen. Ein Hitzeaktionsplan für Hamburg soll dies ändern. Die Rot-Grüne Bürgerschaft forderte den Plan im Sommer 2023, um Prävention und angemessene Maßnahmen zu fördern. Vermittelt werden einfache, umsetzbare Ratschläge: Wasser trinken, leichte Kleidung, frische Luft. Derya Tasci empfiehlt in dem Zusammenhang eine Karte von Hamburg, die einem alle Orte und Geschäfte zeigt, wo man kostenlos seine Trinkflasche auffüllen kann.
Mehr Infektionskrankheiten in Europa
Ein weiteres Problem, wenn die Temperaturen steigen: Die Zahl klimasensitiver Infektionskrankheiten in Deutschland könnte zunehmen, so Bönecke. Weil viele Menschen mehr verreisen, sind tropische Stechmücken, wie die Tigermücke bereits in Europa zu finden. Diese Mückenarten können Krankheiten übertragen, die wir bis zu diesem Punkt natürlicherweise nicht in Europa hatten. Bisher seien die südlicheren Regionen Deutschlands betroffen, einige Mücken wurden aber schon im Norden gesichtet. Allerdings kommt es immer auf den Krankheitserreger in der jeweiligen Mücke darauf an. So ist beispielsweise nicht jede Tigermücke gleich ansteckend oder gefährlich.
One Health: Gesundheit, Tiere und Umwelt zusammen denken
Wissenschaftler*innen und Expert*innen nutzen heute in der Regel den One-Health-Ansatz. Dieser basiert laut Definition des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) darauf, dass die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander zusammenhängen. So soll die Gesundheit ganzheitlich und interdisziplinär über die unterschiedlichen medizinischen Bereiche verstanden werden.
Ein Beispiel hierfür sind sogenannte Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden. Übertragbar sind sie unter anderem durch Milch, Eier oder Fleisch. Ein bekanntes Beispiel ist die Salmonellose, eine durch Salmonellen verursachte Lebensmittelinfektion. Die Keime sorgen bei Menschen für starke Magen-Darm-Symptome, vor allem Durchfall. Aber auch durch Pflanzen können sich Infektionskrankheiten verbreiten, so beispielsweise die EHEC-Keime in Sprossen – wie beim Ausbruch 2011, der besonders stark in Norddeutschland und Hamburg war.