Eine Ausstellung über Claude Monet in Hamburg Ottensen zeigt nicht ein einziges Originalbild des Malers. Trotzdem ist „Monets Garten“ erfolgreich: 60.000 Tickets wurden seit November verkauft. Lohnt sich die Ausstellung? FINK.HAMBURG hat sie besucht.
Titelbild: Anna Walter
Kaltes, regnerisches Wetter in Hamburg – seit Wochen. Grauer Himmel auch über der großen Fabrikhalle in der Gaußstraße in Hamburg Ottensen. In der Halle allerdings das Gegenteil: Hier wartet ein romantischer Garten auf Besucher*innen, in dem Lianen von der Decke hängen und Wände mit Efeu bewachsen sind. Eine Brücke führt über einen Seerosenteich.
Und es sind nicht wenige Besucher*innen, die der Ausstellung „Monets Garten“ einen Besuch abstatten – vielleicht liegt es an jenem grauen Hamburger Winterwetter. Seit Beginn der Ausstellung im November letzten Jahres wurden mehr als 60.000 Tickets verkauft. Grund genug für die Veranstalter, Monets Garten bis April 2023 zu verlängern.
Eintauchen in die Bilder von Claude Monet
Aufgeteilt ist die Ausstellung in drei Bereiche: Der Rundgang beginnt im Atelier des Künstlers. Im Raum gibt es keine Lampen, die Wände sind schwarz. Hier werden mehrere impressionistische Werke Monets auf Bildschirmen gezeigt. Die Bilder sind in einzelne Farbpixeln aufgeteilt, sie bewegen sich, bis sie schließlich für den*die Betrachter*in zu erkennen sind. Die bunten Farben der Bilder erleuchten den Raum. Im Hintergrund ist das Klavierstück „Clair de lune“ von Debussy zu hören.
Vom Atelier des Künstlers geht es in eine Nachbildung seines Gartens, der weltberühmten Gartenlandschaft in der Normandie. Die Wände sind mit grünen Blättern dekoriert, von der Decke hängen lilafarbene Lianen und der Boden ist mit Rasen ausgelegt. Deutlich erkennbar: All das ist aus Plastik. Ein wirkliches Gefühl davon, wie es ist, in Monets Garten zu stehen, bekommt man hier dadurch nicht. Betrachten lässt sich trotzdem einiges: Eine Brücke, eine lebensgroße Nachbildung von Monets Bild „Die japanische Brücke“, einen projizierten Seerosenteich und ein interaktives Gemälde, das auf Bewegungen der Besucher*innen reagiert. Dreht sich der Betrachtende im Kreis, beginnen die Farbpixels auf der Leinwand zu rotieren.
„Vielleicht verdanke ich es den Blumen, dass ich Maler geworden bin.“ (Claude Monet)
Verlässt man Monets Garten, gelangt man zu einem großen, fast leeren Showroom. Hier läuft im 360-Grad-Kino ein 45-minütiger biografischer Film über den Maler. Der Film nimmt den ganzen Raum ein, auf allen Wänden läuft etwas anderes. Eine Sprecherstimme berichtet aus der Ich-Perspektive von Monets Leben – unterlegt mit klassischer Musik. Genau in diesem Moment beschleicht einen tatsächlich das Gefühl, in die Bilder von Monet eintauchen zu können.
Gemütlich machen kann man es sich auf einem der zahlreichen Sitzsäcke, die im großen Raum verteilt sind. Auch wenn mal keiner frei ist: warten lohnt sich. Im Liegen bekommt die Rundum-Show eine neue Perspektive.
Claude Monet – wer war das noch mal?
Der französische Maler Claude Oscar Monet wird am 14. November 1840 in Paris geboren. Er wächst in Le Havre auf, einer Stadt an der Nord-West Küste Frankreichs. Dort beginnt Monet schon früh mit der Malerei.
Monet malt oft draußen in der Natur. Die Farben sind kräftig. Seine Bilder wirken etwas „verschwommen“. 1874 stellt Monet eines seiner Werke mit dem Namen “Impression, Sonnenaufgang” aus. Kritiker*innen sehen das Bild als unfertig an. Angelehnt an den Bildtitel wird es fortan spöttisch als “Impressionismus” bezeichnet. Dieses Ereignis gilt als die Geburtsstunde einer neuen Kunstrichtung – des Impressionismus – und Claude Monet als ihr Begründer.
1883 kauft Monet ein Haus in Giverny bei Paris. Der Blumengarten seines Hauses, den er selbst bis ins kleinste Detail gestaltet, wird zur Inspiration vieler seiner Bilder. In Giverny malt Monet bis zu seinem Tode am 6. Dezember 1926 weiter.
Monet in Hamburg – Kunst trifft Technik
Ein immersives Ausstellungserlebnis für die Besucher*innen soll Monets Garten sein, so der Veranstalter. „Immersiv“ – was ist das denn? „Immersiv“ stammt vom englischen Begriff „immersion“, das auf Deutsch so viel wie “Eintauchen” bedeutet. Es beschreibt den Effekt, als Betrachter*in in eine multimediale Illusion aus Bild und Ton einzutauchen. Für die Ausstellung bedeutet das, die Projektion von Monets Werken auf Wände und Boden, die Bewegung der Bilder und die Untermalung mit Musik.
„Die Aufgabe des Künstlers besteht darin, das darzustellen, was sich zwischen dem Objekt und dem Künstler befindet, nämlich die Schönheit der Atmosphäre.“ (Claude Monet)
Aber nicht nur das. Mit dem eigenen Smartphone und einem Instagram-Filter kann man sich in das Bild „Frühstück im Grünen“ (1865–1866) hinein fotografieren. An anderer Stelle können Besucher*innen Seerosen selbst entwerfen. Diese werden gescannt und auf einen animierten Teich projiziert. Auch wenn deutlich wird, dass es keine echten Seerosen sind und der Instagram-Filter an einigen Stellen noch etwas hakt, macht es Spaß, mit den Leinwänden zu interagieren und sich damit kreativ auszuprobieren.
Eine internationale Erfolgsstory
Anfang 2022 wurde die Ausstellung erstmals in Berlin gezeigt, anschließend gastierte sie in Mülheim an der Ruhr. Aktuell ist sie zeitgleich in New York City, Wien, Hamburg und Stuttgart zu erleben. „Die Ausstellung wird unglaublich gut angenommen. Das hätten wir uns in den kühnsten Träumen nicht ausmalen können. Wir sind von der Resonanz überwältigt“, sagt Dr. Nepomuk Schessl von Alegria Konzert GmbH und Produzent der Ausstellung.
Lohnt sich der Gang durch „Monets Garten“?
Insbesondere das 360-Grad-Kino über das Leben von Monet ist beeindruckend. Hier können Besucher*innen viel über Monet lernen – seine Liebe zu seinem Garten, seine finanziellen Probleme. Es bringt einem Monets Kunst nahe, ohne großen Aufwand: zurücklehnen und eintauchen.
Die Nachbildung von Monets Garten ist jedoch weniger ansprechend als die Rundum-Show über das Leben des Malers. Es ist zu deutlich, dass der Garten aus Plastik gestaltet wurde und auch die selbstgemalten Seerosen sind zu bunt, fallen in ihrer Ästhetik aus dem Gesamtbild der Ausstellung und erscheinen dadurch weniger romantisch als in der Vorstellung.
Wichtig: Für echte Kunstkenner ist die Ausstellung wohl nicht das Richtige. Es hängt kein einziges Original von Claude Monet vor Ort. Lediglich eine weiße Wand mit textbasierten Informationen über seinen Lebenslauf erinnert an einen klassischen Museumsbesuch. Happig ist auch der Eintrittspreis von 22 Euro. Es werden sogar 25 Euro fällig, entscheidet ihr euch für einen Besuch am Wochenende. Student*innen zahlen zwei Euro weniger.
Aber warum lohnt sich die Ausstellung trotzdem? Es ist die neuartige Art und Weise, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Bilder hängen nicht starr an der Wand. Die Technik macht die Bilder lebendig. Was sagen uns die Bilder der großen Künstler? Immersive Ausstellungen ermöglichen, die teils komplexen Inhalte und Geschichten der Kunstwerke für eine breite Masse zugänglich zu machen. Es scheint als sei eine Lösung gefunden worden, noch mehr Menschen an Kunst teilhaben zu lassen – der Technik sei Dank.
Entscheidet ihr euch durch Monets Garten zu flanieren, plant ihr die Besuchsdauer natürlich selbst. Es lohnt sich aber, 60 bis 70 Minuten vor Ort einzurechnen.
Die Ausstellung im Überblick
Wo? UNITED SCENE | Gaußstr. 190a, 22765 Hamburg
Wann? Verlängert bis 10. April 2023 | MO-SO 10:00 bis 21:00 Uhr
Wie? Tickets unter www.monets-garten.de | ab 22 Euro (ab 20 Euro ermäßigt)
Warnung: Diese Ausstellung kann bei Personen mit lichtempfindlicher Epilepsie möglicherweise Anfälle auslösen.
Das Leben von Valentina Rössel, Jahrgang 1998, läuft in der Regel nach Plan. Für Abwechslung sorgen gelegentliche Abenteuer. Die 23-Jährige probiert gerne Neues: schläft im Outback am Lagerfeuer, reitet Wellen auf Bali, knuspert in Mexiko Heuschrecken. In Norddeutschland geboren, in Köln aufgewachsen, war Valentina schon immer klar, dass sie einmal in Hamburg landen wird. Ihre erste Station war die Pressestelle im Hamburger Rathaus. Dort hat sie als Praktikantin den Ersten Bürgermeister auf Pressetermine begleitet und Social-Media-Posts für den Senat erstellt. Zuvor studierte sie Sprache und Kommunikation in der globalisierten Mediengesellschaft kombiniert mit Medienwissenschaft in Bonn. Die Frage: „Wie viele Heuschrecken kannst du essen?“ war zwar nicht prüfungsrelevant, ihren Bachelor hat sie trotzdem gut bestanden. Kürzel: var