Junge Leute sitzen vor ihren Laptops und wollen ein Ticket ergattern. Die IT streikt. Wenn ihr auch gescheitert seid, haben wir Tipps, wie ihr in Hamburg die deutsch-französische Freundschaft zelebrieren könnt – ohne zu verreisen.
Grafik: Anna-Lena Schou
Montag, 12. Juni, 09:59 Uhr: Die Website für den deutsch-französischen Freunschaftspass ist down. Eigentlich sollte in einer Minute die Registrierung für die deutsch-französischen Zugtickets losgehen. Die verläuft jedoch alles andere als reibungslos. Naja, an die Tücken deutscher Digitalisierung sind gerade die jungen Menschen schon von ihrer Energiepreispauschale gewohnt. Bei einigen Konzert- und Sporttickets gibt es mittlerweile die Funktion einer digitalen Warteschlange. Das wäre auch eine Lösung gewesen und hätte den Frust bei den jungen Erwachsene vor ihren Laptops vielleicht ein wenig eindämmen können. Doch anscheinend wurde nicht mit einem solchen Andrang gerechnet.
Freundschaftspass: First come, first serve
Zur Feier des 60. Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags soll die deutsch-französische Freundschaft gestärkt werden. Die Idee: jeweils 30.000 junge Erwachsene zwischen 18 und 27 Jahre aus Deutschland und Frankreich dürfen für sieben Tage innerhalb eines Monats den Nah- und Fernverkehr des Nachbarlandes kostenlos nutzen. In der Theorie ist das ein guter Anreiz, das Nachbarland zu besuchen und kennenzulernen. In der Realität löst die Aktion jedoch mehr Frust als Freude aus.
Nach dem Prinzip „first come, first serve” sollten sich die jungen Erwachsenen am Montag, ab 10 Uhr für den Freundschaftspass registrieren können. Das dies nicht klappte, lag mal wieder an der IT. Erst war die Website nicht mehr erreichbar, dann wurde der Start verschoben. Dann konnte man sich zwar registrieren, aber es folgten Fehlermeldungen. Die Website war vorübergehend nicht verfügbar und als sie wieder erreichbar war, erfuhr man, dass der deutsch-französische Pass „Opfer seines Erfolgs” geworden wäre.
Auf Twitter toben die jungen Erwachsenen, während das Social-Media Team vom verantwortlichen Bundesminsterium für Digitales und Vekehr dazu twittert: „Die Vorgänge heute beweisen, wie viel auch im IT-Bereich von allen beteiligten Unternehmen noch zu tun ist.” Den Frust merkt auch das für die Website verantwortliche Unternehmen MCI Brussels: mit nun über 350 Google-Bewertungen und einer durchschnittlichen Beurteilung von 1,1 Sternen.
Seid nicht traurig
Der Ärger über die IT ist verständlich, doch es gibt keinen Grund traurig zu sein. Für die Hierbleibenden gibt es auch ohne dieses Ticket zahlreiche Möglichkeiten die französische Kultur näher kennenzulernen und die Freundschaft zu stärken. Am 21. Juni findet am Institut Français und im Gängeviertel die Fête de la Musique statt. Von der Stadt Hamburg gibt es einen zweistündigen Rundgang, der Einblicke in die Beziehung Hamburgs zu Frankreich gibt. Kulinarisch kann man sich von klassischen Croissants und Baguettes im Eclair au Café über Crêpes und Galettes im Monsieur Rémi zu Croques im Café Paris geschlemmen — ganz ohne Hamburg zu verlassen.
Es gibt sogar jedes Jahr am 22. Januar die Möglichkeit den Deutsch-Französischen Tag zu feiern. Er wird in vielen der deutsch-französischen Bildungseinrichtungen zelebriert mit verschiedenen Veranstaltungen.
Deutsch-Französische Freundschaft
Sogar in die französische Arbeitskultur kann man reinschnuppern und dafür in Deutschland bleiben. So wurde die deutsch-französische Plattform Ecoles-Entreprises freigeschaltet. Hier können beispielsweise Praktika oder auch Ausbildungen im deutsch-französischen Kontext gefunden werden.
Außerdem hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing gegenüber der französischen Zeitung „Ouest-France“ geäußert, dass er es formidable fände, wenn das 49-Euro-Ticket auch in Frankreich gelte. Zum Hintergrund: Frankreich plant ein Ticket, dass dem Deutschlandticket ähnelt. Damit könnten dann alle Hiergebliebenen zumindest zu geringen Kosten nach Frankreich reisen und die Kultur vor Ort erleben, falls euch das Angebot in Hamburg nicht reicht oder ihr vielleicht auch auf den Geschmack gekommen seid. Die Umsetzung bleibt spannend und wird hoffentlich frustärmer als beim deutsch-französischen Freundschaftspass.
Das Fachgebiet von Anna-Lena Schou, geboren 1997 in Walsrode, sind digitale Schlagfallensysteme – das sind Nagetierfallen, die eine Nachricht schicken, wenn sie zuschnappen. Das lernte sie in ihrem Job bei einem Schädlingsbekämpfer. Während ihres Bachelor-Studiums in International Tourism Studies schrieb sie für diverse Online- und Printmedien der Hochschule Harz in Wernigerode. Später verkaufte Anna-Lena Social-Media-Beiträge für Foodguide – über Essen schreibt sie besonders gern. Eigentlich aber will sie generell viel lieber schreiben als verkaufen. Zur Not auch über Schlagfallensysteme. (Kürzel: als)