Am Montag wurde der Ex-SPD-Sprecher Bülent Ciftlik vom Hamburger Landgericht zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde unter anderem die Anstiftung zur Scheinehe vorgeworfen.
Im Prozess gegen den Ex-SPD-Politiker Bülent Ciftlik fiel am Montag das Urteil vor dem Hamburger Landgericht. Er muss zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Sechs Monate davon gelten aufgrund der langen Verfahrensdauer bereits als vollstreckt. Ihm wurde unter anderem Vermittlung einer Scheinehe, Anstiftung zur Falschaussage und Urkundenfälschung vorgeworfen.
“Es ging dem Angeklagten darum, das Ziel, als Politiker Erfolg zu haben, zu verteidigen”, begründete der Vorsitzende Richter Heiko Hammann die Entscheidung des Hamburger Landgerichts. Damit folgten die Richter weitestgehend der Staatsanwaltschaft: Sie hatte dreieinhalb Jahre Freiheitsstrafe gefordert hatte. Die Verteidigung hingegen hatte auf Freispruch plädiert.
Ciftlik soll laut Staatsanwaltschaft „erhebliche kriminelle Energie“ an den Tag gelegt haben, um die Vermittlung einer Scheinehe zwischen seiner damaligen Kurzzeitfreundin und einem Türken zu vertuschen. Er habe unter anderem vom E-Mail-Konto der Frau gefälschte Nachrichten verschickt, um den Verdacht auf sie zu lenken. Außerdem soll er mehrere Personen angestiftet haben ihn durch Falschaussagen zu entlasten.
Tiefer Sturz eines Hoffnungsträgers
Bülent Ciftlik galt als Shootingstar der Hamburger SPD und wurde wegen seines Charisma der „Obama von Altona“ genannt. Von 2004 bis 2009 stieg der „Vorzeige-Migrant“ aus Altona vom Sprecher von Olaf Scholz bis zum Bürgerschaftsabgeordneten auf. Aktuell arbeitet Ciftlik als Gastronom in Ottensen.
Politisch haben dem 45-jährigen die Vorwürfe schwer geschadet. Die SPD erwirkte einen Ausschluss aus der Bürgerschaftsfraktion. Bürgermeister Olaf Scholz verlangte eine Rauswurf aus der Partei, welchen Ciftlik in Schiedsgerichtsverfahren verhindern konnte. Ciftlik selber äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.
Filmreife Prozess-Historie
Der Fall Ciftlik beschäftigt die Justiz bereits seit sieben Jahren und drei Prozessen. Hier die Historie:
2010: Beim ersten Verfahren wurde Ciftlik wegen der Scheinehe-Vorwürfe vom Amtsgericht St. Georg zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro verurteilt. Das stellte das politische Ende des SPD-Erfolgskandidaten dar. Ciftlik bestritt die Vorwürfe und ging, wie auch die Ankläger, in Berufung. 2012: Anschließende Ermittlungen führten im zweiten Prozess zu weiteren Anklagepunkten vor dem Landesgericht. Ciftlik wurde im Urlaub nach einem Autounfall in Indien festgehalten und konnte wochenlang nicht an der Verhandlung teilnehmen. Weil Fristen für eine Unterbrechung des Prozesses überschritten wurden, platzen die Verhandlungen nach 16 Monaten. 2015: Nach dem Scheitern des zweiten Anlaufs, musste der Fall im Oktober 2015 ein drittes Mal aufgerollt werden. Dabei wurden an einem Verhandlungstag bis zu 50 Zeugen vorgeladen.tes/dpa