Wirtschaftssenator Frank Horch will den Hamburger Hafen für externe Konzerne öffnen. Die Infrastruktur sei anders nicht mehr zu finanzieren. Gewerkschaften und Betriebsräte kritisieren das Vorhaben in einem offenen Brief.

In einer Rede im Hafen-Klub verkündete Frank Horch, parteiloser Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, dass er den Hamburger Hafen für externe Konzerne öffnen möchte, das berichtet das “Hamburger Abendblatt”. Sie sollen sich in Form einer Minderheitsbeteiligung an den Hafenterminals beteiligen können und als Teileigentümer des Hafengeländes die Infrastruktur bereitstellen. Gewerkschaften und Betriebsräte lehnen die Pläne vehement ab.

Chinesen melden Interesse an Steinwerder an

Aktuell gehe es um ein 35 Hektar großes Gebiet in Steinwerder, südlich der Werft Blohm + Voss, das zu vergeben sei. Horch sei der Ansicht, dass die Infrastruktur des Hafens allein aus den Einnahmen durch Mieten und Pachten nicht mehr zu finanzieren sei. Ein chinesisches Konsortium habe Interesse angemeldet, in Steinwerder ein vollautomatisiertes Containerterminal samt Logistikzentrum zu errichten.

Streit zwischen Hafenwirtschaft und Politik

Die Äußerungen des Senators haben einen Streit zwischen der Hafenwirtschaft und der Politik ausgelöst. Die Gewerkschaften und Betriebsräte einiger Unternehmen im Hafen wendeten sich in einem offenen Brief an den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher, in dem sie ihn auffordern, zu intervenieren.

In dem Schreiben erklärt Thomas Mendrzik, Vorsitzender der Landesgruppe Häfen Hamburg: “Vor einem Monat hat Senator Horch bei einer Veranstaltung zum Hafengeburtstag dargelegt, dass die Infrastruktur des Hafens langfristig und ausschließlich aus Steuermitteln finanziert werden muss. Zu unserer Überraschung macht er nun eine Kehrtwende.”

Natale Fontana, Fachbereichsleiter Verkehr von Ver.di im Landesbezirk Hamburg, sagt: “Wir lehnen eine private Finanzierung des Hafens ab.” Diese sei Aufgabe der öffentlichen Hand. “Senator Horch hat uns im Juli 2017 zugesichert, dass die Tarifverträge und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter in den Hafenbetrieben bestehen bleiben werden. Wir haben Angst, dass er von dieser Zusage abweichen wird”, so Fontana.

“Wir lehnen eine private Finanzierung des hafens ab.”
Natale Fontana, Ver.di

Eine Privatisierung in Steinwerder habe Auswirkungen auf die bestehenden Arbeitsplätze an den Hafenterminals. Sie dürfe in keinem Fall zu Lasten bestehender Hafenbetriebe gehen. “Wir würden gerne genau wissen, worum es geht und was geplant ist. Der Senat müsste uns besser ins Bild setzen”, so Fontana weiter. “Der Hafen darf nicht in fremde Hände fallen.” Demokratische Kontrolle dürfe nicht ausgehebelt werden.

Die Gewerkschaft will am Landlord-Prinzip festhalten. Es wird in fast allen nordeuropäischen Häfen praktiziert und besagt, dass der jeweilige Staat für die Bereitstellung der Infrastruktur in Kaianlagen, Hafenflächen, Straßen und Brücken verantwortlich ist. Private Firmen mieten diese Infrastruktur und errichten eine Suprastruktur: Produktionsanlagen, Hafenkräne, Hallen und sonstige Betriebsstätten.

Horch äußert sich nicht zu Vorwürfen

Livia Spera, Chefin der europäischen Hafenarbeitersektion (ETF), schreibt in dem offenen Brief, dass die Streitigkeiten zur Finanzierung der Hafeninfrastruktur nach “harten Auseinandersetzungen” endlich beigelegt sind. “Wir lassen uns diese grundsätzliche Einigung nicht von einem provinziell agierenden Politiker aus den Händen nehmen”, schreibt sie.

Auf Anfrage von FINK.HAMBURG in der Pressestelle der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation wollte sich der Senator zu den öffentlichen Vorwürfen nicht äußern. Er habe in seiner Rede im Hafen-Klub bereits alles gesagt. Zudem beziehe man zu offenen Briefen generell keine Stellung.

SPD und Hafengesellschaft sind gegen Privatisierung

Nicht nur die Arbeitnehmervertreter wenden sich gegen die Pläne. Auch die Hafenunternehmer sind gegen eine privat finanzierte Infrastruktur. „Wenn der Wirtschaftssenator externe Firmen an den Terminals beteiligen will, um fehlende Mittel der öffentlichen Daseinsvorsorge zu ersetzen, dann ist das eine Bankrotterklärung der Hafenpolitik“, sagte der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz (UVHH). Bonz kündigte im Abendblatt an, dass sich sein Verband dagegen wehren werde.

Die SPD möchte ebenfalls am Landlord-Prinzip im Hamburger Hafen festhalten. Joachim Seeler, hafenpolitischer Sprecher der Fraktion, sagte dem “Hamburger Abendblatt”: “Die Infrastruktur bleibt Eigentum der Stadt.”

tob