Warum erfrieren Pinguine nicht im eiskalten Wasser und wo haben Walrosse ihre Ohren? Bei der zehnten Hamburger Klimawoche konnten Schulklassen einen Vormittag im Tierpark Hagenbeck verbringen und die Tiere als Polarforscher beobachten.
“Am meisten freue ich mich auf die Pinguine und die Eisbären”, sagt der zwölfjährige Luan auf dem Weg zum Eismeer, die kälteste Station im Tierpark Hagenbeck. Hier leben Eisbären, Walrosse, Pinguine und weitere arktische Tiere Becken an Becken auf einer Gesamtfläche von über 8.000 Quadratmetern.
Eine siebte Klasse der Stadtteilschule Stellingen übt sich während der Hamburger Klimawoche als Polarforscher. Die Schülerinnen und Schüler gehen mit unterschiedlichen Erwartungen an die Aufgabe. “Darf ich dem Pinguin einen Check geben?”, fragt ein Junge. Sein Klassenkamerad hat andere Bedenken, wenn er an das Pinguingehege denkt: “Da stinkt’s nach Fisch.”
Was Polarforscher brauchen
Sina Remmers studiert Biologie an der Universität Hamburg und begleitet die Schulung. In den nächsten drei Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler die Tiere beobachten. Aber was machen Polarforscher eigentlich? “Sie messen das Klima.” Und: “Sie erforschen das Leben unter der Eisfläche”, heißt es aus der Runde.
Remmers zeigt auf das Gefährt, auf das sich ein paar Schüler gesetzt haben und erklärt: “Das Schneemobil brauchen Polarforscher zum Beispiel, um von den Forschungsstationen zu den Untersuchungsorten zu kommen.” In einer Kiste zeigt sie Materialien für die Arbeit: Werkzeuge zur Entnahme von Bodenproben, zur Abwehr von Wildtieren, eine Art Skibrille zum Schutz für die Augen und vor allem warme Kleidung.
“Darf ich dem Pinguin einen Check geben?”
In Kleingruppen geht es mit Beobachtungsprotokollen an die Stationen. Smartphones sind tabu. Sie lenken nur ab. Im Forschungslabor führt jede Gruppe einen Versuch unter der Anleitung von Remmers durch. Hier erfahren sie, wie Pinguine ihre Körperwärme regulieren: Ihre Federn überlappen sich stellenweise. So wird das dichte Gefieder wasserabweisend. Daunen schließen zusätzlich Luft ein und isolieren den Pinguin.
An der Station mit den Eisbären sind die Schülerinnen und Schüler enttäuscht: “Das bringt keinen Spaß, wenn die schlafen.” Beobachten kann man sie trotzdem. Nika gefällt vor allem das weiche Fell der weißen Bären und sie meint, durch die Glasscheibe sähen sie gar nicht so gefährlich aus. Ein paar Meter weiter schwimmen Walrosse an einer Gruppe von Jungs vorbei. Erstaunlich flink, finden die Besucher.
Auf Tauchkurs bis zum Meeresgrund
An einer Tür im Forschungslabor steht “U-Boot”. Hier erwartet die Schulklasse ein besonderer Tauchgang. Dieser geht zwar nicht wirklich unter die Wasseroberfläche, simuliert die Fahrt an den Meeresgrund jedoch audiovisuell.
Die schwarz gestrichene Kammer wirkt wie eine Fahrstuhlkabine. Auf dem Boden flimmert Licht und es sieht aus, als würde die Sonne ins Meer scheinen. Vögel schnattern und Wellen rauschen im Hintergrund. “Alle bereitmachen zum Tauchen”, sagt eine Stimme aus den Lautsprechern – und ein Alarmsignal ertönt.
Erst geht es zehn, dann 500 Meter unter die Wasseroberfläche. Neonfarbene Wandmalereien zeigen die jeweilige Tiefe an. Eine Stimme erzählt vom Kampf zwischen einem Pottwal und einem Kalmar. In einer Ecke leuchtet eine kleine Kugel auf – hier jagt der Anglerfisch: “Wie bei findet Nemo”, stellen die Schüler fest. Sie erreichen schließlich den Meeresgrund in 5.000 Metern Tiefe, danach geht es wieder an die Oberfläche.
“DAS EISMEER IST SOZUSAGEN SCHON EIN ENERGIESPARMODELL.”
Sören Reichhardt von der Zooschule erklärt den Sinn und Zweck der Exkursion: “Die Hamburger Klimawoche ist Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die Schülerinnen und Schüler sollen auf die Natur aufmerksam gemacht werden.” Dazu könne der Tierpark zum Beispiel auf die Bedrohung für Tiere in vom Klimawandel betroffene Regionen hinweisen und zu einer nachhaltigen Lebensweise motivieren.
Nur teilweise klimaneutral
Bei dem Bau des Eismeers im Jahr 2012 wurde Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, sagt Reichhardt. Der benötigte Strom werde durch Solaranlagen auf dem Wirtschaftshof neben dem Tierpark gewonnen und Grundwasserbrunnen seien reaktiviert worden. So kann das etwa acht Grad Celsius kalte Grundwasser genutzt werde – zur Kühlung im Sommer und zum Wärmen im Winter. Die Abwärme der Pumpen werde zudem zur Beheizung der sanitären Anlagen oder Pflegerräume genutzt.
Aber nicht alle Bereiche des über hundert Jahre alten Tierparks würden so nachhaltig betrieben. “Das Gebäude der Löwen ist von 1907 und da ist die Heizung nicht so ausgelegt, wie sie es heute wäre. Ein Teil der Kosten des Tierparks fließt in die Energie”, erklärt Reichhardt die Situation. Hürden seien mitunter Auflagen des Denkmalschutzes. Bei der Neuplanung des Eismeers musste der berücksichtigt werden.
“Ich dachte, es sei noch viel kälter im Eismeer.”
Die Schülerinnen und Schüler waren den Tieren in drei Stunden als Polarforscher näher als beim Anschauen von Tierclips auf dem Display. Lale gefallen die Bewohner der polaren Regionen dennoch besser in freier Wildbahn: “Mich macht es traurig, die Tiere in kleinen Gehegen zu sehen.” Luans Erwartungen wurden nicht ganz erfüllt: “Ich dachte, es sei noch viel kälter im Eismeer. Hier braucht man gar keine Winterjacke und dicke Mütze.” Gefallen hat ihm der Tag trotzdem: “War sehr spannend.”