Der Hamburger Senat will den öffentlichen Nahverkehr weiter ausbauen. Bis 2021 sollen mehr als 100 Millionen Euro in die Offensive fließen. Von der Opposition und Twitter-Nutzer*innen kommt auch Kritik.

Eine engere Taktung, neue Buslinien und längere Betriebszeiten – Hamburg will seinen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) attraktiver machen. “Wir wollen den Nahverkehr umweltfreundlich und komfortabel ausbauen und damit eine echte Alternative zum Auto schaffen”, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag in Hamburg. Ziel der sogenannten Angebotsoffensive II ist es, den Anteil des Nahverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen von aktuell 22 Prozent auf 30 Prozent zu steigern.

Ab dem nächsten Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres bis 2030 soll der Nahverkehr in der Stadt sukzessive wachsen. Damit will Tschentscher dem “Hamburg-Takt” ein Stück näherkommen. Ziel des Plans ist, dass jede*r Hamburger*in überall maximal fünf Minuten auf Bus und Bahn warten muss. Dabei sollen auch Shuttledienste wie ioki oder Moia und autonom fahrende Minibusse integriert werden. Für dieses Ziel investiert der Senat von 2019 bis 2021 zusätzliche 100 Millionen Euro, 520 neue Arbeitsplätze werden geschaffen.

Plan: Zusätzliche Angebote bei S-/U-Bahn und Bussen

Busverkehr

Mehrere Express- und Quartiersbuslinien sollen eingerichtet werden, die insbesondere die Außenbezirke an die Stadt anschließen. Die Expressbusse sollen ohne Aufpreis dort fahren, wo keine Schnellbahnen verkehren. Eine nächtliche Express-Linie soll zudem von der Innenstadt nach Harburg führen. Kleinere Quartiersbusse sollen äußere Stadtteile erschließen. Zudem werden ab Dezember und in den kommenden zwei Jahren auf mehreren Linien die Takte verdichtet, neue Verbindungen wie etwa die M19 von Alsterdorf zum Hauptbahnhof geschaffen und einige Routen verlängert.

Den Harburgern soll der Umstieg vom Auto auf den ÖPNV erleichtert werden. Dafür wird ab 2020 ein 24-Stunden-Betrieb im Hauptliniennetz getestet. Zudem soll es ein verbessertes Nachtangebot geben.

U-Bahn

Hier soll mit dem kommenden Fahrplanwechsel ein ganztägiger Zehn-Minuten-Takt garantiert werden. In den Stoßzeiten von montags bis freitags zwischen 6 und 21 Uhr sollen die U1, die U2 und die U3 bald sogar im Fünf-Minuten-Takt fahren. Der Fahrgast soll sich über den Fahrplan keine Gedanken mehr machen, sagte Hochbahn-Chef Henrik Falk. Ab 2020 wird auch im Nacht- und Wochenendverkehr ein 10- (U3) oder 20-Minuten-Takt (U1/U2) eingerichtet.

S-Bahn

Auch bei der S-Bahn soll der 5-Minuten-Takt umgesetzt werden. Um Probleme wie Störungen, Zugausfälle, schlecht getakteten Ersatzverkehr und ein verfehltes Pünktlichkeitsziel zu lösen, hat Verkehrssenator Michael Westhagemann (parteilos) die Bahn-Verantwortlichen zu einem Runden Tisch eingeladen. Vorgesehen ist, ab Dezember die Betriebszeiten der Linien S2 und S11 zu verlängern. Die Linie S31 wird stufenweise bis Neugraben verlängert und auf der Linie S3 Langzüge eingesetzt. Die S1 soll an Wochenendnächten zwischen Blankenese und Wedel im 60-Minuten-Takt fahren.

Trotz eines umfangreicheren Angebots sollen die HVV-Preise laut Bürgermeister Tschentscher künftig nur moderat steigen, berichtete die “Welt“. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dennis Thering, kritisierte den unübersichtlichen HVV-Tarifdschungel.

Kritik zu Nahverkehrsplänen

Auch sonst zeigte sich die Opposition der Hamburgischen Bürgerschaft kritisch. Heike Sudmann von der Linken-Fraktion forderte erneut eine Stadtbahn und eine Jahreskarte für 365 Euro. Über ein solches Ticket für Schüler wird bereits diskutiert. Damit die Menschen vom Auto umsteigen, müsse das ÖPNV-Angebot zuverlässiger, komfortabler und insgesamt qualitativ besser werden, fordert die FDP-Fraktion. Dazu zählen ihr zufolge auch schnellere Umsteigemöglichkeiten, um zügig von A nach B zu kommen.

Auch die Reaktionen auf Twitter sind gemischt. Unter dem Tweet des Senats, in dem die Pläne vorgestellt wurden, gibt es neben Lob auch Forderungen nach zusätzlichen Busspuren, einer U-Bahnlinie bis nach Harburg und einem 24 Stunden gültigen Ticket.

sju/dpa

Titelfoto: Laura Lagershausen