Am vergangenen Wochenende fand in Hamburg der Tag der Stadtnatur statt. Interessierte hatten die Möglichkeit, in rund 80 Veranstaltungen die Pflanzen- und Tierwelt Hamburgs zu entdecken. Gabi Holona und Barbara Keller von Bee Grön stellten in ihrem Workshop das Konzept der Permakultur vor.
In einem Hinterhof direkt bei der Stresemannstraße in Bahrenfeld sammelt sich eine kleine Gruppe neugieriger Naturliebhaber*innen um Gabi Holona und Barbara Keller. Die beiden geben heute im Rahmen eines Workshops eine Einführung in das Konzept Permakultur. Obwohl sich die zwölf Teilnehmer*innen hier mitten in der Stadt befinden, ist es auch ein bisschen grün. Barbara, die Kreativtrainerin und Grafikerin ist und Permakulturdesignerin Gabi haben sich hier eine kleine Oase geschaffen, an der sie die anderen heute teilhaben lassen.
Von der Natur lernen
Als erstes gibt es eine Einführung in die Thematik. Permakultur, das Wort setzt sich aus “permanent” und “agriculture” zusammen. Es handelt sich dabei um ein nachhaltiges Konzept des Landwirtschaftens, das seinen Ursprung in den 1970er Jahren in Australien hat. Damals suchten Bill Mollison und David Holmgren nach einer neuen Form der Landwirtschaft, denn die industrielle Landwirtschaft zerstört Böden, Artenvielfalt und Wasserhaushalt. Monokulturen sind zudem anfällig für Schädlinge und Krankheiten. Permakultur ist ein Konzept, dass dem natürlichen Ökosystem nachempfunden ist und die Bodenfruchtbarkeit schont, die Artenvielfalt erhält und kaum Abfall erzeugt – und das alles im Einklang mit der Natur.
Bee Grön – natürlich gestalten
Vor drei Jahren gründeten Gabi Holoner und Barbara Keller Bee Grön – sie bieten Workshops und Themenabende an rund um das Thema Permakultur.
Es gibt zwölf Prinzipien, die für Permakultur stehen. “Beobachte und nimm teil” ist eines davon. Es geht dabei darum, die vorhandene Umwelt – Boden, Pflanzen, Tiere – wahrzunehmen und richtig zu nutzen wissen, auch im eigenen Garten. “Nutze und schätze die Vielfalt” ist ein weiteres Prinzip. Gabi erklärt, wie eine Obstbaumlebensgemeinschaft funktioniert. Ein Aprikosenbaum zum Beispiel kann besser wachsen, wenn Bodendecker wie Erdbeeren, Ringelblumen oder Kapuzinerkresse den Boden beschatten. Diese schützen den Boden nämlich vor dem Austrocknen und halten ihn gleichzeitig von Gras frei. Auch Meerrettich passt super hinzu – er schützt das Steinobst vor Krankheiten. Das Ganze ist eine Mischkultur, die sich gegenseitig unterstützt. Man sollte jedoch die jeweiligen Eigenschaften der Pflanzen gut kennen, denn mediterrane Kräuter beispielsweise eignen sich nicht so gut. Hier spielen nämlich ästherische Öle eine Rolle, die sich negativ auf das Wachstum von Bäumen auswirken.
Die zwölf Permakultur-Prinzipien
1. Beobachte und nimm teil
2. Energie sammeln und speichern
3. Erziele einen Ertrag
4. Lasse Selbstregulierung zu und akzeptiere Rückmeldungen
5. Nutze und schätze erneuerbare Ressourcen und Dienstleistungen
6. Verschwende nichts
7. Gehe vom Muster hin zum Detail
8. Einbeziehen statt ausgrenzen
9. Finde kleine und langsame Lösungen
10. Nutze und schätze die Vielfalt
11. Nutze Randzonen und schätze Übergänge
12. Reagiere kreativ auf Wandel
“Lasse Selbstregulierung zu und akzeptiere Rückmeldungen” ist ein weiterer wichtiger Bestandteil von Permakultur. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern fördert auch das natürliche Gleichgewicht der Natur. Permakultur heißt, von der Natur zu lernen.
Die Natur holt sich ihren Platz zurück
Nach der Theorie gibt es einen Rundgang zu einer Ecke des Innenhofs. Hier befindet sich eine kleine Grünfläche, auf der es kräftigt wächst und gedeiht. Barbara und Gabi erzählen, was hier so wächst. Beide machen zurzeit eine Wildkräuter-Ausbildung und können genau benennen, welche Wildkräuter welche Inhaltsstoffe haben. Auf dieser Fläche soll bald ein Parkhaus entstehen, deshalb wurden bereits alle Bäume gefällt. Und dennoch: Auf dem Boden wächst eine zarte Kastanie, die sich selbst ausgesät hat. Barbara freut sich: “Es ist schön zu sehen, wie sich die Natur auch wieder ihren Platz zurückholt.”
Der Alleskönner: die Ringelblume
Nun sollte eigentlich der praktische Teil losgehen, bei dem die Teilnehmer*innen aus einer Ringelblume eine Salbe herstellen. Doch das ist mit Corona-Sicherheitsmaßnahmen nicht möglich. Stattdessen startet eine Fragerunde, bei der alle ihre Fragen rund um das Thema loswerden dürfen.
Barbara übernimmt derweil das Herstellen der Salbe. Sie erhitzt Bienenwachs, lässt es langsam schmelzen und erwärmt dann Olivenöl, dass sie gemeinsam mit einer Ringelblumentinktur und dem Bienenwachs zu einer einheitlichen Masse vermischt. Anschließend füllt sie alles in kleine Behälter.
Die Ringelblume ist ein richtiges Allroundtalent: Sie stößt Schädlinge ab, hat eine heilende Wirkung, hilft gegen Sonnenbrand, Wunden und ist entzündungshemmend. Man kann sie essen oder trocknen und als Tee trinken. Sie wirkt krampflösend und hilft bei Magendarm-Beschwerden.
Gabi erklärt, wie wir Kartoffeln in einem Eimer ziehen können. Dann zeigt sie noch, wie ein Bokashi-Kompostierer funktioniert, also eine alternative Kompostierungsmethode, mit der sich aus Küchenabfällen Düngemittel fermentieren lässt.
Permakultur – mehr als ein Konzept
Die beiden zeigen auch ihr Upcycling-Hochbeet, das sie letztes Jahr aus alten Europaletten zusammengebaut und mit Salbei, Ringelblumen, Brennnessel, Giersch und Seifenkraut bepflanzt haben. Ein Hochbeet ist für die beiden wie ein Garten ohne Garten. Und Permakultur ist auch auf kleinstem Raum möglich, egal ob im Kleingarten oder auf dem Balkon oder eben wie hier, ohne richtige Grünfläche.
Permakultur ist nicht mehr bloß ein Konzept für eine ökologische Idee zur Landwirtschaft. Mittlerweile hat sich Permakultur für viele zu einer Philosophie einer nachhaltigen Lebensweise entwickelt. Am Ende des Workshops haben alle Teilnehmer*innen eine Ringelblumensalbe im Gepäck – und ein paar Ringelblumensamen zum selbst säen.