Corona hat den Kinobetrieb zum Erliegen gebracht. Für Hans-Peter Jansen war es das schwerste Jahr seit Beginn seiner Karriere als Kinobetreiber. Ihm gehören sechs Kinos in und um Hamburg. Warum er dennoch zuversichtlich ist, wie er auf diese besondere Zeit zurückblickt und was sich in der Filmbranche verändert hat.
Text von Lena Richter und Jacqueline Vuong
“Ich mache Kino seit ich denken kann”, sind seine ersten Worte und ein breites Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. Hans-Peter Jansen besitzt sechs Kinos in und um Hamburg. Doch seit dem Frühjahr 2020, hat sich sein Alltag verändert. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen trafen ihn sowie seine Familie und Angestellten überraschend und unvorbereitet. Sein Optimismus scheint jedoch ungebrochen.
Der Anfang von etwas Großem
Es begann in den 1970er Jahren: Hans-Peter Jansen eröffnete gemeinsam mit fünf Freunden sein erstes Kino, die Eidelstedter Lichtspiele. Nach ein paar Umbaumaßnahmen sowie der Umbenennung ins Alabama, führte er das Kino als Programmkino fort. Doch Jansen merkte schnell, dass er mit einem reinen Programmkino keinen kommerziellen Erfolg erzielen konnte und änderte sein Konzept. Neben künstlerischen Filmen zeigte er auch Blockbuster für die breite Masse. 1992 schloss das Alabama, das Gebäude wurde abgerissen. Doch Jansen hatte längst seine große Liebe entdeckt und weitere Kinos eröffnet: das Elbe Filmtheater, Blankeneser Kino, Koralle, Astra Filmtheater in Plön, Studio Kino und zuletzt 2016 das Burg Filmtheater auf Fehmarn.
Kino ist sein Leben
Während Jansen die Entstehungsgeschichte seiner Kinos erzählt, lacht er viel und seine Augen leuchten. Er schwärmt von den alten Zeiten, ihm ist anzusehen, wie stolz er auf seine Erfolge ist. Ganz klar: Dieser Mann liebt das Kino und seine Arbeit. Dann verändert sich seine Stimmung, die gute Laune verschwindet. Bedrückt berichtet er von den Ereignissen der Corona-Pandemie.
Dieser Text ist im Rahmen des Bachelor-Projektseminars “Digitale Kommunikation” an der HAW Hamburg entstanden.
Nach dem ersten Lockdown im März 2020 legt sich zwar die anfängliche Skepsis der Kunden allmählich: Seine Besucher hielten Abstand und gewöhnten sich daran, Masken auch innerhalb des Kinosaales zu tragen. Doch der Anblick eines halb leeren Kinosaales hat sich in seinem Kopf festgesetzt “Es war für mich ein schreckliches Bild zu sehen, dass der Saal nicht komplett gefüllt war, obwohl alle Karten ausverkauft waren”.
Not macht erfinderisch
Die Pandemie stellt für viele kulturelle Einrichtungen ein finanzielles Problem dar. Die Kinos erhielten erst in der zweiten Lockdown-Phase Zuschüsse für Ausfälle, Betriebskosten und Frachtkosten. Jansen wollte aber zu keinem Zeitpunkt Mitarbeiter kündigen. Seine Angestellten wurden in Kurzarbeit geschickt, erhielten jedoch weiterhin ihr volles Gehalt. Während des ersten Lockdowns im März, gründete Jansen die Initiative “Popcorn to go”. Kunden konnten Gutscheine und Popcorn kaufen. Damit brachte er das Geschäft wieder ins Laufen und seine Angestellten konnten eingebunden werden. Er wolle seine Leute schließlich nicht nach vier Monaten wieder neu anlernen, so Jansen und lacht.
Zusammenhalt schaffen
“Ich bin ein positiver Mensch, und sehe im Unglück auch immer das Glück”, sagt Jansen. Die Pandemie habe für ihn wesentliche Verbesserungen gebracht, berichtet er. Die digitale Kommunikation habe sich zwischen seinen Mitarbeitern stark verbessert. Außerdem stehen seit dem Lockdown auch die Kinobetreiber untereinander im regen Kontakt. “Einen Austausch so wie er nun stattfindet,
hätte es früher nie gegeben”, so Jansen. Insbesondere die Verbindung zu den Filmverleihern hat sich gefestigt. Vor der Pandemie war der Zusammenhalt der Branche deutlich schwächer.
Außerdem sei es Jansen nun möglich, sich um Dinge zu kümmern, für die er im Alltagsgeschäft keine Zeit finde. Voller Begeisterung spricht er davon, dass er gerade die Webseite seiner Kinos aktualisiert und einen Saal im Koralle Kino umgestaltet.
Kino als Kulturstätte
Eine der wichtigsten Veränderungen die Jansen aus der Corona-Zeit mitnimmt, ist die allgemeine Akzeptanz der Kinos als Kulturstätte. Vor Corona galten Kinos als simples Freizeitvergnügen, heute seien sie mit Theatern und Konzerthallen fast gleich auf. “Das hätte Kino niemals geschafft, wenn es Corona nicht gegeben hätte […]. Und wenn es ein Öffnungs-Szenario gibt, werden wir erstmalig vor den Restaurants öffnen”.
Jansen geht nicht davon aus, dass die Branche vor April 2021 wieder öffnen wird. Er ist aber der festen Überzeugung, dass die Kinos einen noch nie erlebten Boom haben werden. Die Sorge, Streaming-Dienste könnten das Kino ablösen, teilt er nicht. “Ich glaube an die große Leinwand, an gemeinsame Emotionen”. Das Gemeinschaftsgefühl im Kino könne ein Film auf dem heimischen Bildschirm nicht bieten. Im Kino werden Geschichten zu Ende erzählt und im Dunkeln des Kinosaales kann das Publikum seinen Emotionen freien Lauf lassen, schwärmt Jansen.
“Kino ist nicht alles, aber ohne Kino ist alles nichts.”
Auch um den Nachwuchs macht er sich keine Sorgen: “Was ist das für ein Erlebnis, wenn Eltern ihre Kinder das erste Mal alleine ins Kino lassen. Niemand wird gefragt welchen Film er als erstes gestreamt hat, sondern welches der erste Kinofilm war.”
Jansens Blick in die Zukunft ist positiv. Kinobesucher, die vor Corona bis zu fünf Mal die Woche sein Kino besucht haben, werden dies auch in der Zeit nach der Pandemie beibehalten, dessen ist er sich sicher. Geduldig wartet er darauf, seine Stammgäste wieder persönlich begrüßen zu dürfen. Bis dahin verfolgt er seinen Grundsatz: “Kino ist nicht alles, aber ohne Kino ist alles nichts.”
Fotos: privat