Weiterhin Limo statt Bier auf dem Kiez: Der Senat hält am Verbot des Alkoholausschanks fest und die Gastronom:innen bekommen keine Antwort auf ihren offenen Brief vom Wochenende, in dem sie eine Perspektive fordern.
Die Betreiber:innen der Kiezkneipen und Gaststätten fühlen sich von der Politik vergessen: Trotz niedriger Inzidenz dürfen sie nach 23 Uhr keinen Alkohol verkaufen und müssen dadurch auf den Großteil ihrer Einnahmen verzichten. In einem offenen Brief an den Senat hatten sie auf die Probleme hingewiesen.
Vorerst keine weiteren Lockerungen geplant
Eine offizielle Antwort vom Senat auf den offenen Brief gibt es zwar noch nicht – auf Nachfrage von FINK.HAMBURG sagt der Sprecher der Sozialbehörde, Martin Helfrich, jedoch: „Einen fixen Zeitpunkt [für weitere Lockerungen] zu nennen, ist nicht seriös“. Die Regelungen bleiben noch in Kraft, da auch die Pandemie noch nicht vorüber ist. Helfrich weist darauf hin, dass das Ausschankverbot für den Kiez aus einem großen Maßnahmenpaket gegen öffentlichen Alkoholkonsum stammt. Somit sind auch weitere sogenannte Hotspots betroffen.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass diese Orte in Zusammenhang mit zumeist ungeimpften und alkoholisierten jungen Menschen ein Problem für den Pandemieverlauf darstellen, sagt Helfrich. Momentan sind die Impfquoten bei den jungen Leuten noch zu niedrig für weitere Öffnungen, sagt er FINK.HAMBURG. Diese beiden Tatsachen seien jedoch nicht strikt aneinander gekoppelt. Schließlich hatten junge Menschen in Hamburg noch nicht lange die Möglichkeit, sich auch impfen zu lassen. Das soll sich jetzt mit den neuen Impfterminen ändern.
Kiez-Betreiber:innen fordern mehr Transparenz
Am Sonntag hatten viele Gastwirt:innen vom Kiez mehr Transparenz von der Politik verlangt. Die Organisationen DEHOGA Hamburg, IG St. Pauli/Hafenmeile, das Bar Kombinat e. V. und angeschlossene Mitglieder formulierten gemeinsam einen offenen Brief an den Senat: „[W]ir fordern eine klare Aussage, an welche Kriterien weitere Lockerungen und Perspektiven geknüpft werden.“
Gerade die Sommermonate sind für die Gastwirtschaft wichtig, um sich für die kargeren Wintermonate abzusichern, sagt Thomas Reiche, Pressesprecher der Olivia Jones Bar, auf Anfrage von FINK.HAMBURG. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt seit Ende Juni unter zehn, seit dem Wochenende dürfen Tanzveranstaltungen im Freien mit bis zu 250 Gästen stattfinden. Doch auf dem Kiez gilt von Freitag bis Sonntag weiterhin ein strenges Alkoholausschankverbot: Der Außer-Haus-Verkauf ist zwischen 20 Uhr und 6 Uhr verboten. In der Außengastronomie darf Alkohol nur bis 23 Uhr ausgeschenkt werden.
Ernüchterung statt Optimismus
Die Betreiber:innen hätten monatelang an Hygienemaßnahmen gearbeitet. Auch die Nutzung der Luca-App zum Registrieren der Gäste sowie die niedrigen Inzidenzen hatten sie für diesen Sommer optimistisch gestimmt, sagt Reiche. Die jetzigen Regelungen seien eine regelrechte Ernüchterung für den Kiez gewesen.
Dass sie trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nur beschränkt Alkohol ausschenken dürfen, stößt auf Unverständnis: „Was wir auf St. Pauli gerade erleben, ist die Umkehrung des gesunden Menschenverstandes: Statt die Gäste kontrolliert genießen zu lassen, werfen wir sie um 23 Uhr vor die Tür und entziehen sie so jeglicher Aufsicht“, sagt Axel Strehlitz, der unter anderem die Wunderbar und den Sommersalon betreibt. Stattdessen fordern die Wirt:innen in ihrem Brief „betreutes Feiern“ mit Kontaktnachverfolgung auf dem Kiez.
mar/dpa
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