Das Filmfest Hamburg wird 30 Jahre alt. Vom 29. September bis zum 8. Oktober zeigen ausgewählte Kinos in Hamburg Weltpremieren und Debütfilme. Zu Gast ist unter anderem das ukrainische Molodist Kyiv International Film Festival.
Von Marie Arnemann, Laura Reichhart und Eric Ganther
Passend zum Herbstbeginn gewinnen Hamburgs Kinos wieder an Bedeutung und starten mit dem Filmfest Hamburg in die Saison. Vom 29. September bis zum 8. Oktober laufen insgesamt 134 Filmen aus 58 Ländern über viele Leinwände der Stadt – viele davon im Wettbewerb.
Auf dem Programm stehen Weltpremieren wie „Rheingold“, ein Gangster-Drama von Fatih Akin über den Rapper Xatar. Außerdem laufen preisgekrönte Filme – zum Beispiel „EO“, ein Film fast ohne Dialog, der auf melancholische Weise die Lebensgeschichte eines Esels erzählt, der die Last der Welt mit sich umher trägt.
In vielen der gezeigten Beiträgen stellen Filmschaffende Fragen zu Politik und Gesellschaft und verlassen gewohnte Strukturen des Erzählens und Filmemachens. Das Filmfest Hamburg folgt einer Entwicklung, die im Jahr 2022 bereits bei den Festspielen in Cannes und Venedig zu beobachten war: der Darstellung aktueller gesellschaftlicher Probleme.
Das Filmfest Hamburg startet am 29. September im Cinemaxx Dammtor, mit dem Film “Wir sind dann wohl die Angehörigen” von Hans-Christian Schmid – ein Kammerspiel, in dem es um die Entführung des Hamburger Mäzen Jan Philipp Reemtsma im Jahre 1996 geht, erzählt aus der Sicht seines Sohnes, dem Hamburger Musikproduzenten Johann Scheerer.
Festival im Festival beim Filmfest Hamburg
Eine Besonderheit in diesem Jahr ist die Rolle des Molodist Kyiv International Film Festival, das seinen nationalen Wettbewerb im Rahmen des Filmfest Hamburg präsentiert. Auf dem Programm stehen 23 ukrainische Kurz- und Langfilme. Ukrainische Filmschaffende und Schauspieler*innen stellen ihre Beiträge persönlich vor. Insgesamt teilt sich dieser Teil des Festivals in Kurzfilmprogramme und ein Programm mit ehemaligen Molodist-Gewinnerfilmen.
Verwandlung als Leitthema
Im Fokus des diesjährigen Filmfest-Programms steht das Thema “(Ver)Wandlungen”, das sich durch alle Programmsektionen zieht.
Das Filmfest Hamburg zeigt überwiegend nationale und internationale Spiel- und Dokumentarfilme. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Filme der wichtigsten internationalen Festivals in Cannes, Locarno und Venedig. Viele von ihnen feiern beim Filmfest Hamburg ihre Deutschlandpremiere.
Das Programm ist in zehn Sektionen unterteilt: “Televisionen”, “Große Freiheit”, “Asia Express”, “Veto!”, “Transatlantik”, “Vitrina”, “Voilà”, “Kaleidoskop”, “Michel Kinder – Jugendfilmfest” und “Hamburger Filmschau”. Kino aus den USA, Kanada, Asien, dem Iran, Spanien, Frankreich, Deutschland und vielen weiten Ländern – Filme aus aller Welt und in fast allen Sprachen, das erwartet die Zuschauer*innen beim Filmfest Hamburg.
Auch an die kleinen Besucher*innen wird wieder gedacht: Das Kinder- und Jugendfilmfest Michel bietet Filme für Menschen im Alter von vier bis 16 Jahren an, die live vor Ort synchronisiert werden. Zusätzlich gibt es kostenlose Workshops rund um das Thema Film.
Abseits der Leinwand
Neben den Filmvorstellungen gibt es Bargespräche, Preisverleihungen und Aftershow-Veranstaltungen. Zudem finden Workshops und Panels statt.
Die Filmfest Hamburg Industry Days vom 4. bis 6. Oktober und die Explorer Konferenz am 7. Oktober bieten Informationen zu neuen Trends der Filmbranche. Filmschaffende und Branchenprofis diskutieren zum Beispiel über die Zukunftsfähigkeit von Filmproduktionen mit immer kleiner werdenden Budgets und geben Einblicke in ihr Arbeitsumfeld.
Tickets
Der Vorverkauf beginnt am 15. September ab 11 Uhr. Tickets können in allen teilnehmenden Festivalkinos, im Levantehaus in der Mönckebergstraße, über eine Tickethotline oder online auf der Website erworben werden. Für die Workshops des Michel Kinder- und Jugendfilmfest ist eine Anmeldung erforderlich.
Für Erwachsene liegt der Normalpreis bei 9,50 Euro, ermäßigt kostet ein Ticket 6,50 Euro.
Ein normales Ticket für das Michel Kinder- und Jugendfilmfest kostet 4,50 Euro. Tickets für Begleitpersonen von Menschen mit Behinderung sind kostenfrei.
Ticket-Pass: 30 Jahre Filmfest Hamburg
Anlässlich des 30. Geburtstags gibt es einen 30er-Pass. Dieser kostet 30 Euro und soll die Kinotüren für alle Interessierten unter 31 öffnen. Mit dem 30er-Pass können Besucher*innen vom 30. September bis 3 Oktober jeweils einen Film pro Zeitschiene buchen. Die Tickets gibt es nur an den Festivalkassen im Levanthaus und in den Festivalkinos.
Umstrittener Ulrich Seidl-Film von Preisverleihung ausgeschlossen
Normalerweise verleiht eine Jury im Rahmen des Filmfest Hamburg den Douglas Sirk Preis. Der Preis zeichnet Persönlichkeiten aus, die einen besonderen Beitrag zur Filmindustrie und Filmkultur geleistet haben. Seit 1995 hießen die Preisträger*innen unter anderem Clint Eastwood, Jodie Foster und Gérard Depardieu.
Besucher*innen werden 2022 aber auf die Verleihung des Preises verzichten müssen. Ursprünglich sollte Ulrich Seidls “Sparta” ausgezeichnet werden. Nachdem allerdings Vorwürfe rund um die Dreharbeiten laut wurden, revidierten die Veranstaltenden ihre Entscheidung.
“Sparta” behandelt die Geschichte eines Mannes, der mit seinen pädophilen Neigungen ringt. Laut Recherchen des Spiegels wären die minderjährigen Laiendarsteller*innen und und ihre Familien vor und während des Drehs nicht über den Inhalt des Films aufgeklärt, teilweise sogar belogen worden. Die Minderjährigen wären dann entsprechend unvorbereitet und ohne fachgerechte Betreuung mit Alkoholismus, Nacktheit und Gewalt konfrontiert worden. Im Zuge der Kritik sagte das Filmfestival TIFF in Toronto die Weltpremiere von “Sparta” ab. Ulrich Seidl bestreitet die Vorwürfe.
Das Hamburger Filmfest zeigt “Sparta” dennoch. Der Film sei laut Veranstaltenden von herausragender Qualität und die Vorwürfe gegen Seidl würden sich nur gegen die Bedingungen während der Dreharbeiten und nicht explizit gegen den Film richten.
FINK.HAMBURG vor Ort
Wie in den Vorjahren begleitet FINK.HAMBURG das Filmfest Hamburg. Euch erwarten ab dem 29. September spannende Interviews mit Regisseur*innen und Schauspieler*innen, Berichterstattung vom roten Teppich, Filmrezensionen und vieles mehr.