Neues aus der Reihe: „Hier spielt die Musik”. Das Hamburger-Disco-Trio gehört schon lange zur Hamburger Musikszene. Vom Kennenlernen im Pudel, zerplatzen Sektflaschen und einem eigenen Plattenlabel.

Ein Beitrag von Emelie Hollmann, Sophie Rausch und Anna-Lena Schou
Fotos: Emelie Hollmann und Anna-Lena Schou

Falk, Max und Natalie bilden das Hamburger-Disco-Trio RSS Disco. Alle drei sind seit Jahren in der Hamburger Musikszene vernetzt. Bereits vor ihrer Trio-Gründung haben sie in verschiedenen Konstellationen House- und Technoplatten aufgelegt. Dabei haben sich sie drei auch kennenlernten. Sie teilen nicht nur ihre Leidenschaft fürs Auflegen sondern auch fürs Plattensammeln. Mittlerweile haben sie ihr eigenes Label, Mireia Records, gegründet. Auf dem Hamburger Musikfestival Dockville gehören RSS-Disco fast schon zum Inventar. Seit Jahren tanzen die Festival-Teilnehmer*innen zu ihrer Musik. FINK.HAMBURG hat sie dort kurz vor ihrem Auftritt getroffen.

RSS Disco im Interview

FINK.HAMBURG: Wie ist es so zu dritt an einem DJ-Pult zu stehen? Da bringt ja jede Person auch nochmal was eigenes mit rein. 

Natalie: Es ist wie ein Trialog. Wir spielen sehr stringent abwechselnd und jede und jeder von uns reagiert auf das, was musikalisch davor passiert. Man muss aber immer aus dem Moment heraus entscheiden, wie die Antwort sein soll. 

Falk: Konstante Herausforderung. Es ist halt nie langweilig. Die anderen bringen etwas mit, was man vorher noch nicht gehört hat und das ist meistens ganz toll.

Natalie: Die anderen werfen dir da einen Impuls hin und manchmal ist das auch ein bisschen zum Haareraufen. So, was antworte ich da jetzt drauf, dass das dann auch passt. Aber es ist eine gute Herausforderung und hoffentlich dann beim Zuhören auch nicht langweilig. 

Max: Es gibt ja viele Leute, die zu zweit auflegen. Ich finde zu Dritt ist die Besonderheit, dass man auch einmal einen Schritt zurück machen und schauen kann: Ah, die beiden haben jetzt mehr in die Richtung gespielt, braucht es da jetzt nochmal einen mehr? Oder wie ist eigentlich so die Stimmung? Oder brauchen wir noch Getränke?

Falk: Und überhaupt, ich geh jetzt aufs Klo!  

Max: Man verliert nicht den roten Faden, weil man immer wieder in die Beobachterrolle gehen kann und nicht die ganze Zeit immer nur reagiert. 

Natalie: Und man kann auch länger spielen. Das klingt so pragmatisch, aber das ist für das, was man musikalisch tut nicht ganz unwichtig. Man kann mit mehr Zeit auch eine andere Geschichte erzählen in einem DJ-Set und wenn wir dann mal eine ganze Nacht spielen, ist das dann natürlich etwas, was zu dritt eher möglich wird. Wenn man acht bis neun Stunden am Stück spielt, entwickelt sich auch nochmal etwas ganz anderes, weil man über diesen ganz langen Zeitraum denkt. 

Welche Künstler:innen haben euch auf eurem Weg zur Musik begleitet und inspiriert?

Falk: Das geht auf die Zeit zurück, in der wir uns kennengelernt haben. Es gab eine Zeit lang immer Partys im Pudel von einem Label, das Housemusik macht. Da waren wir früher immer und fanden das sehr gut. Das passt zwar gar nicht so zu dem, was wir spielen, aber …

Natalie: … das ist interessant, weil wir sind ja Genre-mäßig ein bisschen fluider. Aber man merkt, dass die gemeinsame Basis doch Housemusik ist und auch bei den großen musikalisch Bögen, die wir schlagen, findet sich Housemusik oft wieder. Nach Exkursionen ist das immer wieder der Bezugspunkt. 

Falk: Aber Housemusik kommt ja auch einfach aus dem Soul und Disco. Und das passt.

Hattet ihr schon mal einen Fail auf der Bühne? Wenn ja, welchen?

Max: Mir ist schon mal ein Bier umgefallen.

Falk: Ja, da bin ich auch heute noch sauer. (lacht)

Natalie: Ja, uns ist tatsächlich schon mal eine Sektflasche in einer Plattentasche explodiert. Das war während wir gespielt haben unpraktisch! 

Falk: Ja, alle Platten voller Sekt… wirklich unpraktisch.

Wie kam es dazu, dass ihr euer eigenes Label Mireia Records gegründet habt? 

Max: Das liegt total nah, wenn man die ganze Zeit Musik macht. Wir sammeln alle Platten und haben immer welche von Künstler*innen, die wir toll finden und von denen wir möchten, dass die groß rauskommen, gekauft. Deshalb passt das. 

Natalie: Es war auch einfach gute Musik um uns herum. Bei spannenden Künstler und Künstlerinnen haben wir so einfach die Freiheit aus der Freude heraus zu sagen: Okay, das kommt jetzt auf einer Platte raus.

Max: Am liebsten als Schallplatte! Wie sieht die aus? Und wie machen wir das Cover? Wir waren auch oft im Gängeviertel in der Siebdruckwerkstatt und haben die Cover, jedes einzelne, selber gedruckt und das macht uns total Spaß. 

Natalie: Also bei der 300. Platte macht es nicht mehr ganz so viel Spaß wie bei der zehnten. (lacht) Aber grundsätzlich ist es schön, wenn man die Platten alle einmal angefasst hat. Sie stehen dann auf der ganzen Welt im Plattenladen und sie kommen alle aus dieser Werkstatt.

Falk: Viele Leute die Musik machen, sind nicht so gut organisiert. Ein Label machen klingt immer aufregend, aber es ist auch viel Büroarbeit und das kann nicht jeder. Damit aber guten Leuten eine Chance und eine Plattform zu bieten, das finde ich jedes Mal wieder sehr belohnend und schön. 

Natalie: Und die besten sind ja auch oft die, die am wenigsten Pragmatismus haben. Dann hilft das Label.

Das Fachgebiet von Anna-Lena Schou, geboren 1997 in Walsrode, sind digitale Schlagfallensysteme – das sind Nagetierfallen, die eine Nachricht schicken, wenn sie zuschnappen. Das lernte sie in ihrem Job bei einem Schädlingsbekämpfer. Während ihres Bachelor-Studiums in International Tourism Studies schrieb sie für diverse Online- und Printmedien der Hochschule Harz in Wernigerode. Später verkaufte Anna-Lena Social-Media-Beiträge für Foodguide – über Essen schreibt sie besonders gern. Eigentlich aber will sie generell viel lieber schreiben als verkaufen. Zur Not auch über Schlagfallensysteme. (Kürzel: als)

Emelie Hollmann, geboren 1998 in Hanau, hat schon bei minus 31 Grad gebadet - in einem norwegischen Fjord oberhalb des Polarkreises. In München studierte sie Kommunikationswissenschaft und Pädagogik. Parallel synchronisierte sie mit Kindern Filme und arbeitete bei mehreren Radiosendern. Als Komparsin steht sie auch mal vor der Kamera: In der Dokutainment-Serie “Haunted – Seelen ohne Frieden” mit Sky Dumont zum Beispiel starb sie und erstand als Geist wieder auf. Für ihren Seelenfrieden braucht Emelie nur genügend Kaffee – am liebsten in Gesellschaft. Ist sie doch mal alleine, läuft immer Musik - von den Strokes bis Berlioz. (Kürzel: emi)

Sophie Rausch, Jahrgang 1997, fühlt sich der Chemnitzer Band Kraftklub nicht nur musikalisch verbunden: Ihre Bachelorarbeit behandelt die Darstellung Ostdeutscher in “Spiegel” und “Zeit”, sie selbst stammt aus Brandenburg. In Bamberg studierte sie Kommunikationswissenschaft, Politologie und jüdische Studien. In Israel arbeitete sie in einem Wohnheim für autistische Menschen. Bei der Studierendenzeitschrift “Ottfried” war Sophie Chefredakteurin, privat wechselt sie ständig die Hobbys: Mal stickt sie, mal stellt sie Schmuck her, mal macht sie Badvorleger – der größte war so groß wie ein Topflappen. Kürzel: rau