Nach jahrelangem Stillstand stehen die neuen Bebauungspläne für das Paloma-Viertel in St. Pauli fest. Die Wohnungsgesellschaft Saga und der Immobilienentwickler Quantum wollen das Areal übernehmen. Nicht nur Wohnungen sind geplant.
Wohnungen, eine Kita, Kreativflächen: Auf dem Gelände der früheren Esso-Häuser soll ab 2026 wieder gebaut werden. Die Brachfläche liegt wenige hundert Meter von der Reeperbahn entfernt. Die Hamburger Wohnungsgesellschaft Saga und der Immobilienentwickler Quantum wollen das Paloma-Viertel vom bisherigen Eigentümer, der Bayerischen Hausbau, übernehmen.
Plan fürs Paloma-Viertel
Geplant sind 164 öffentlich geförderte Wohnungen, eine Kita sowie Flächen für nachbarschaftliche Nutzung. Zudem soll auf sieben Etagen ein Haus der Kreativwirtschaft entstehen, in dessen Erd- und Untergeschoss Platz für einen Livemusik-Club sei – hier sollte der Club Molotow einziehen, der hat aber eine andere Heimat gefunden. Auch ein Hotel mit rund 350 Zimmern soll gebaut werden. Anfang 2026 soll der Bau beginnen, zwei Jahre später sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Das Investitionsvolumen bezifferte der Saga-Vorstandssprecher Thomas Krebs auf rund 200 Millionen Euro.
Der St. Pauli Code
Die nun veröffentlichten Pläne weichen vom “St. Pauli Code” ab. Hinter der Bezeichnung steht ein Entwurf für die Nutzung der Fläche, den der vorherige Eigentümer gemeinsam mit den Anwohnenden erarbeitet hatte. Um die Anwohner*innen beim Neubau zu vertreten, wurde im Auftrag des Bezirks Hambrg-Mitte die sogenannte Planbude gegründet. 2300 Menschen beteiligten sich laut Angaben der Planbude an dem Entwurf und entwickelten gemeinsam den „St. Pauli Code”. Geplant 200 Wohnungen, davon mehr als 60 Prozent öffentlich geförderte Mietwohnungen, Büros, Geschäfte und ein Club. Die Dächer sollten begehbar gemacht und für Sport oder zum Gärtnern genutzt werden können.
Planbude stieg im Oktober 2024 aus
Weil vom „St. Pauli Code” nicht mehr viel übrig sei, stieg die Planbude im Oktober 2024 aus dem Prozess aus. „Diesen Weg vom Pionier-Modell einer kooperativen Stadtentwicklung zum gewöhnlichen Spekulationsobjekt werden wir nicht mitgehen. Wir sind raus”, erklärte das Team der Planbude.
Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer, sagte zwar, dass so viele Ideen wie möglich übernommen worden seien. Saga-Chef Krebs räumte aber auch ein, dass nun keine öffentlichen Flächen mehr vorgesehen seien. Für die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike Sudmann, stellt sich daher die Frage: „Durchbruch oder kompletter Einbruch in Sachen Beteiligung?” Vor allem die Vereinbarungen zugunsten des Stadtteils scheinen aus ihrer Sicht auf der Strecke zu bleiben.
Günstige Mieten in den neuen Häusern
Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) verweist auf die geplanten, günstigen Mieten. Trotz der hohen Baukosten würden, je nach Förderung und Einkommen der Mieter*innen, Quadratmeterpreise zwischen 7,10 Euro und 12,10 Euro abgerufen. Die neuen Wohnungen werden voraussichtlich im Schnitt zwischen 60 und 65 Quadratmeter groß sein. Pein spricht von einer „guten Nachricht für St. Pauli”.
Hintergrund der Brachfläche
Im Dezember 2013 mussten die Bewohner*innen der „Esso-Häuser” ihre Wohnungen wegen mutmaßlicher Einsturzgefahr kurz vor Weihnachten plötzlich verlassen – und konnte nicht wieder zurückkehren. 2014 wurden die Häuser abgerissen. Die Bayerische Hausbau Development hatte das Gelände schon fünf Jahre zuvor gekauft, ließ es nach dem Abriss aber bis heute brachliegen. Geschäftsführer Gordon Gorski (47) begründete den nie begonnenen Baubeginn mit der Immobilienkrise.
Jetzt sei die Bayerische Hausbau zu der Erkenntnis gekommen, „dass es Partner gibt, die das Thema im Sinne der Stadt in der Zukunft gut voranbringen können”, so Gorski. Das städtliche Immobilienunternehmen Saga und Projektentwickler Quantum haben das Areal übernommen. Über den Kaufpreis schweigen alle Parteien.
An das Rückkehrversprechen, das den damaligen Bewohner*innen der Esso-Häuser gemacht wurde, will sich die Saga nach eigenen Angaben auch elf Jahre später noch halten. „Der Verantwortung kommen wir sehr gerne nach”, sagte Saga-Vorstandssprecher Thomas Krebs.
pac/rog/dpa