Beim Sommer des Wissens stellen die HAW Hamburg und die Wuhan Textile University ein gemeinsames Projekt vor: Postkarten mit winzigen Planeten darauf. Eine Zusammenarbeit, die Zukunft haben wird.
Über 8000 Kilometer sind die beiden chinesischen Studentinnen Wensi Liu und Shuyi Bao angereist, um Postkarten auf dem Rathausmarkt zu verkaufen. Der Grund: Hamburger Hochschulen präsentieren sich auf dem Sommer des Wissens. Das Wissenschaftsfestival findet dieses Jahr erstmalig vor dem Rathaus statt.
Die beiden Studentinnen stehen hinter einem Tisch in einem runden Pavillon, der mit orangefarbenem Teppich ausgelegt ist. Auf englisch unterhalten sie sich mit Besucher*innen, die sich hunderte Postkarten auf dem Tisch vor ihnen ansehen. An einer Wäscheleine über dem Tisch hängen weitere Karten.
Die chinesische Metropole Wuhan hat mehr als sechsmal so viele Einwohner wie Hamburg. Zwei davon sind Liu und Bao. Liu ist 21 Jahre alt und studiert Fotografie. Bao ist 22 Jahre alt und studiert Digital Media. Zusammen mit dem Dekan der School of Media and Communication in Wuhan, Prof. Xiangsheng Shen, sind sie nach Hamburg gereist, um das gemeinsame Projekt unter der Leitung von HAW-Professor Wolfgang Swoboda auf dem Rathausmarkt zu präsentieren.
Winzige Planeten – Tiny Planets
Auf den ausgelegten Postkarten sind Planeten dargestellt. Hamburger*innen können sie bekannt vorkommen – zumindest die meisten. Der Kunst- und Mediencampus der HAW Hamburg, St. Pauli bei Nacht oder die Speicherstadt, das sind die Panoramen der Planeten. Alle sind winzig klein. Daher der Projektname: Tiny Planets. Die Motive wurden entweder in Hamburg oder Wuhan aufgenommen.
Eine der Postkarten zeigt riesige Hochhäuser, die um einen Sportplatz stehen. In Hamburg gebe es viel mehr Altbauten, die eine Geschichte haben, sagt Liu. In China baue man mehr Wolkenkratzer. Die Gebäude auf der Postkarte haben mehr als 30 Stockwerke. Aber das ist nicht der einzige Unterschied. Bao empfindet auch den Himmel anders. In Hamburg sei er blauer, in Wuhan die Luft dagegen oft verschmutzt.
Die Studierenden der beiden Hochschulen kannten sich bis vor wenigen Tagen noch nicht persönlich, sie hatten sich über ihre Professoren ausgetauscht. Nun steht am Stand neben den Chinesinnen Duc Anh Pham, er studiert Medien und Information am Campus Finkenau.
Der 22-Jährige Vietnamese ist im vierten Semester und war an der Umsetzung des 360 Grad-Projekts in Hamburg beteiligt. Im Herbst kam Professor Swoboda mit dieser Idee. Mit einer speziellen Kamera zog Pham durch ganz Hamburg und suchte sich schöne Orte für seine Postkartenmotive.
Er nimmt eine Postkarte vom Tisch – die Speicherstadt als winziger Planet. „Auf den Bildern der chinesischen Studenten sind meistens auch Menschen zu sehen. Wir haben hauptsächlich Gebäude fotografiert.“ Das sei ein Unterschied, der auffällt. Aber auch die Wahl der Orte ist unterschiedlich. Auf den Hamburger Motiven sehe man meist besonders ikonische Gebäude, wie die Elbphilharmonie, wohingegen die Postkarten von chinesischen Studierenden Shopping Malls, Wolkenkratzer oder Parks zeigen.
Internationale Projekte als Chance
„Die Didaktik hinter dem Projekt ist Datenmanagement“, so Professor Swoboda. Die Studierenden lernen dabei wie ein professioneller Workflow funktioniert: „Von der Idee zum Produkt bis zur Distribution. Was ist so eine Karte wert?“. Verkauft werden die Postkarten für einen Euro. Sind sie vielleicht zu teuer? „Ist okay, das war es mir auf jeden Fall wert“, sagt eine Besucherin, die zuvor eine Postkarte gekauft hat. Eine Zweite hat sie geschenkt bekommen.
Pham freut sich die beiden Studentinnen aus China im Rahmen des Sommer des Wissens treffen zu können. Er hat gelernt, auf was man alles achten muss, wenn man eine Postkarte erstellt – vor allem bei der Rückseite. Liu meint, dass der Umgang mit der für sie neuen 360 Grad Technologie eine lehrreiche Erfahrung gewesen sei.
Der Austausch zwischen der HAW-Fakultät DMI und der School of Media and Communication in Wuhan soll zukünftig vertieft werden. „Diese Woche hat der Präsident der HAW den Austauschvertrag unterschrieben“, sagt Swoboda. Jedes Jahr sollen drei Chines*innen aus Wuhan nach Hamburg kommen und im Gegenzug drei Studierende der HAW Hamburg die Chance bekommen, nach China fahren zu können. So kann der kulturelle Austausch weiter gefördert werden.
Titelfoto: Oliver Völling