Hobbys pflegen ist derzeit nicht einfach. Doch gerade im Homeoffice braucht es Abwechslung und Bewegung, um der Isolation entgegenzuwirken. FINK.HAMBURG-Redakteur Alex Baur hat an seinem Schreibtisch Lachyoga online ausprobiert.
“Lachen macht glücklich”, davon geht die Gelotologie aus. Die wissenschaftliche Disziplin befasst sich mit den Auswirkungen des Lachens auf Körper und Psyche. Ich bin wohl nicht der Einzige, der gerade den ein oder anderen Lacher gebrauchen könnte, denn während der Corona-Pandemie treffen sich regelmäßig Menschen, um kollektiv zu Lachen. Allerdings nicht persönlich, sondern aus den eigenen vier Wänden heraus per Zoom. Die immer größer werdende Community schwört auf die positiven Effekte des absichtlich herbeigeführten Lachens durch Lachyoga.
Heute will auch ich Teil dieser Gemeinschaft werden und bei einem wöchentlichen Termin Lachyoga online mitmachen. Obwohl Videokonferenzen mittlerweile zu meiner alltäglichen Routine gehören, bin ich ein bisschen nervös – schließlich habe ich überhaupt keine Ahnung, wer oder was mich da erwartet.
Wo bin ich bloß gelandet?
Kaum betrete ich das Meeting, schallen mir schon die ersten Lacher durch meine Kopfhörer entgegen und ich werde von den Teilnehmer*innen mit kräftigem Händewinken begrüßt. Wir sind insgesamt elf Personen im heutigen “Lachtreff”, ich bin das einzige neue Gesicht in der Runde.
Die Stimmung ist ausgelassen, gelöst, fast schon kindlich – ich komme mir vor, als wäre ich in eine eingeschworene Stammtischrunde geplatzt.
Weil ich die anderen Teilnehmer*innen noch nicht kenne, schlägt unser Trainer Alex Bannes eine Vorstellungsrunde in unserer Stunde Lachyoga online vor: Reihum sollen wir unseren Namen sagen und danach gemeinsam so herzhaft lachen, als hätten wir gerade einen richtig guten Witz gehört.
Monika* ist als erste dran und lehnt sich lachend in ihrem Stuhl zurück. Auch die restlichen Teilnehmer*innen brechen in schallendes Gelächter aus.
Was ist Lachyoga?
Lachyoga ist eine relativ neue Form von Yoga: 1995 baute der Yogalehrer und Mediziner Madan Katari Lachübungen in seine Unterrichtsstunden ein. Er wollte somit das Wohlbefinden seiner Kursteilnehmer*innen steigern. Mittlerweile gibt es über 18000 sogenannte „Lachclubs“ rund um den Globus, auch ein „Weltlachtag“ hat sich etabliert.
Meine ersten Lacher sind verhalten, aber ich versuche mich vom Gelächter der anderen mitziehen zu lassen. Erstaunlicherweise klappt das sogar schon nach einigen Sekunden ziemlich gut und ich kann meine erste Scham hinter mir lassen.
Der Zwang zum Lachen trickst den Körper aus
„Beim Lachyoga geht es darum, bewusst zu lachen – auch, wenn es dafür gar keinen Grund gibt“, erklärt mir Lachtrainer Alex Bannes im Einzelgespräch nach unserer Einheit. „Die Idee ist, von einem absichtlichen Lachen irgendwann in ein natürliches, fließendes Lachen zu kommen. Kombiniert mit der Yogaatmung und den Bewegungsübungen sind die meisten Menschen danach sehr entspannt.“
Dass ich mich entspanne, merke ich schon während der ersten Übung – zumindest, was das einsame Lachen vor dem Bildschirm angeht. Irgendwie habe ich mich wohl ziemlich schnell „eingelacht“, denn meine Ohren beginnen zu glühen und meine Mundwinkel ziehen sich schon nach kurzer Zeit von selbst nach oben. Damit wir noch ein wenig mehr in Schwung kommen, sollen wir nun vor dem Bildschirm in unserem Zimmer tanzen.
Lachen, bis das Internet schlapp macht
Ich schließe dabei die Augen, um mich besser fallen lassen zu können – und tatsächlich vergesse ich meine Umgebung für einen Moment, während ich vor meinem Laptop auf- und abhüpfe und dabei laut lache. Doch dann passiert das, was ich bereits befürchtet habe: Meine Internetverbindung gerät ins Stocken, die Musik beginnt zu stottern und die Videos vor mir frieren ein.
Alex Bannes ist Dipl. Persönlichkeitstrainer und seit 2008 Lachyoga-Trainer. Zum Lachyoga fand er während seines Studiums. Heute vermittelt er Lachyoga unter Anderem in Workshops für Unternehmen und Einzelpersonen.
Foto: Ute Boeters
Von jetzt auf gleich bin ich zurück in der einsamen Realität meines Zimmers und komme mir dabei ziemlich blöd vor. Welcher normale Mensch tanzt schon alleine lachend durch sein Zimmer?
Das frage ich auch Lachtrainer Alex Bannes: „Meistens kommen Menschen zu uns, die mehr Leichtigkeit und Freude im Leben wollen“, erklärt er mir. „Diese Menschen haben vielleicht eine geliebte Person verloren oder leiden an Depressionen und Ängsten. Aber es besuchen auch junge Menschen unsere Kurse, weil sie einfach mehr lachen möchten.“ Kann Lachyoga also eine Form von Therapie sein?
Wissenschaftliche Evidenz gibt es kaum
Tatsächlich gibt es einige wenige Studien, die sich mit den positiven Effekten von Lachyoga befassen. Demnach führt Lachyoga zu weniger Stress, einem stärkeren Immunsystem und einer größeren Resilienz gegenüber Ängsten und Depressionen. Die Forschungsergebnisse sind allerdings mit Vorsicht zu genießen: Bei fast allen Studien ist laut dem Onlineportal „medizin-transparent“ die Datenanalyse unvollständig und der Studienablauf nicht ausreichend dokumentiert.
„Mir persönlich sind Studien nicht ganz so wichtig, denn ich orientiere mich an den Erfahrungen der Teilnehmer*innen“, findet Bannes. „Die Effekte, die sie mir beschreiben, korrespondieren allerdings mit den Studien, die es gibt.“
Ob Lachyoga nun evident wirksam ist oder nicht: Für unsere Lachyoga-Runde macht das keinen Unterschied. Silke* wünscht sich eine Übung gegen innere Anspannung. Also geht es ans „Probleme zerhacken“: Wir schwingen mit unseren Armen eine imaginäre Axt über die Schultern und hacken Probleme klein, während wir laut „Ha-ha-ha“ rufen. „Das Kleinholz sammeln wir jetzt auf und werfen es mit einem lauten Lacher über unsere Schultern. Weg mit den Problemen!“, ermutigt uns Monika während der Übung. Es kommt mir so vor, als zerhacken wir als Gruppe gemeinsam Silkes Anspannung – und das fühlt sich verdammt gut an.
Das Kind in mir ruft „Sehr gut, sehr gut, yeah!“
„Denkt an eine Person, die es gerade sehr schwer hat und schenkt ihr euer ganzes Lachen!“, leitet uns Trainer Alex Bannes in einer weiteren Übung an. Ich bin angefeuert, als er uns gegen Ende der Einheit bittet, unsere Mikros wieder anzumachen: Wie kleine Kinder strecken wir die Arme in die Höhe, beginnen laut zu lachen und rufen: „Sehr gut, sehr gut, yeah!“.
Mit noch immer glühenden Ohren und einem verwirrten Grinsen darüber, was gerade passiert ist, verlasse ich mein Zimmer und hole mir ein Glas Wasser. Fast eine Stunde habe ich nun – mal mehr, mal weniger gezwungen – alleine vor mich hin gelacht. Den heftigsten Lachanfall des Abends bekomme ich aber erst, als ich den verdutzten Blick meiner Mitbewohnerin sehe – mein erstes Mal Lachyoga online hat man schließlich durch die ganze Wohnung gehört.
Um die Anonymität der Teilnehmer*innen zu wahren, haben wir diese Namen geändert.