Lama Luke in der Heide. Foto: Thoya Urbach
Lama Luke in der Heide. Foto: Thoya Urbach

In der Lüneburger Heide kann man mit Lamas wandern gehen. Beim Lamatrekking mit Tier lernt man einiges, nicht nur über die Lamas selbst, sondern auch über Landschaft und Pflanzenwelt. Und wenn man Glück hat, wird auch mal gespuckt.

Nach einiger Zeit wage ich es, Luke vorsichtig zu streicheln, jedoch nur mit der Rückseite meiner Hand. Die Handfläche eines Menschen könnte ihn an die Tatze eines Pumas erinnern und ihn in die Flucht treiben. Foto: Paula Loske-Burkhardt

Ein Lama zu streicheln ist gar nicht so leicht. Lamas sind nicht nur Fluchttiere, sie haben auch einen ausgeprägten Instinkt, der sie in ihrem Herkunftsland Peru vor ihrem größten Feind schützt: dem Puma. Von Geburt an erkennen Lamas die Tatze des Pumas. Die Handfläche eines Menschen könnte sie daran erinnern. Streicheln kann man die Lamas von Dietmar Preißler trotzdem – aber nur mit dem Handrücken.

Es ist der erste richtig warme Tag in diesem Jahr. Der Wald ist noch kahl, doch man hört Vögel zwitschern und die Sonne scheint. Eine Gruppe Menschen und eine Gruppe Lamas steht da und wartet. Darauf, dass Preißler das Signal zum Aufbruch gibt.

Beim Lamatrekking wandert man in einer kleinen Gruppe durch die Natur. Jeder Teilnehmer führt eines der Tiere an einer lockeren Leine. Unterwegs lernt man die Tiere und die Lüneburger Heide besser kennen.

Bevor das Lamatrekking losgeht, stellt Preißler stolz seine Lamas vor. Da gibt es Pedro, den Anführer, der bei Wanderungen stets in der Mitte geht, um den Überblick über seine Herde zu behalten. Oder Luke, ein etwas kleineres Lama mit weißschwarzem Fell. Luke ist schon 15 Jahre alt, aber noch fit. Dann ist da noch Beppo, der immer vorne geht und Chef Pedro gerne mal anspuckt und herausfordert. Die Lamas Romeo und Rami gehören zu den jüngeren Tieren. Dietmar kaufte sie auf einem Hof in Sachsen, die anderen sieben Lamas hingegen sind aus Bayern.

Nach der Vorstellungsrunde wird zugeteilt: Jeder Teilnehmer bekommt ein Lama zugewiesen. Die Gruppe ist aufgeregt, wirkt skeptisch. Kein Wunder: Wann trifft man im Alltag schon mal auf ein Lama? Mein Wanderpartner wird Luke, der „Oldie“, wie Preißler ihn nennt.

„Bei 35 Grad plus bleiben eher die Zweibeiner auf der Strecke“

Preißler mag an Lamas besonders gern, dass sie so sanftmütig, wach und neugierig sind. Vor acht Jahren machte er sich mit zuerst nur drei Tieren mit seinem Heide-Lama-Trekking selbstständig. Im Mai möchte er zu den aktuell neun Lamas noch zwei dazukaufen, von einem Lamahof in Kaufbeuren in Bayern. Die Jungtiere lernt er langsam für Touren an und gewöhnt sie an die Gruppe. In Deutschland leben rund 10.000 Lamas, die meisten von ihnen auf Lamahöfen. Sie können sich problemlos an das deutsche Wetter anpassen. Vor allem Kälte mache ihnen nichts aus. „Und bei 35 Grad plus bleiben eher die Zweibeiner auf der Strecke“, sagt Preißler.

Im Gänsemarsch läuft die Gruppe, jeder mit seinem Lama neben sich, durch die Heide. Foto: Paula Loske-Burkhardt

Im Gänsemarsch läuft die Gruppe in den Wald hinein, immer im Pärchen: ein Mensch, ein Lama. Als wir losgehen, schaut mich Luke aus dunklen Augen mit langen weißen Wimpern neugierig an. Noch kauend mustert er mich von oben bis unten und schnuppert vorsichtig. Luke richtet sich auf, er ist einen Kopf größer als ich. Die wichtigste Regel beim Führen von Lamas hat Preißler schon verraten: Du führst das Lama, nicht das Lama dich. Lamas lieben es, frische Gräser und Blätter aus dem Wald zu essen. Das sollen sie während des Wanderns lassen, sonst kommen wir nicht voran.

Der Pfad ist schmal, es riecht nach Wald und Gräsern, Vögel zwitschern und Lukes gleichmäßiger Gang hat eine beruhigende Wirkung. Das Tier scheint mich zu mögen: Es lässt sich streicheln und schaut mich weiterhin neugierig an. Seine großen Zähne stehen hervor und es wirkt, als grinse Luke ständig.

Vergrößern

Lama-Luke-Zähne
Lama Luke ist schon 15 Jahre alt. Foto: Paula Loske-Burkhardt

Nach etwa zwanzig Minuten bleiben wir stehen. Wir halten die Lamas nun an der langen Leine und natürlich fangen sie augenblicklich an zu grasen. Preißler erzählt weiter von Wald, Heide und Tieren. Nach kurzer Zeit werden seine Ausführungen unterbrochen: Die Lamas langweilen sich. Sie brummen und grummeln angeregt. „Lama-Smalltalk“ nennt Preißler das.

Die Route führt uns zur nächstgelegenen Lama-Toilette

Als wir an einem Bach leicht bergauf wandern, stocken die Lamas. Alle neun bleiben stehen. „Hier ist eine Lama-Toilette“, sagt Preißler. Die Lamas pinkeln nämlich an bestimmten Orten besonders gern. Dann auch alle gleichzeitig oder kurz nacheinander. Eine solche Pinkelpause hat bei einer anderen Tour schon einmal 25 Minuten gedauert.

Die Wanderroute führt uns über eine weite Wiese. Wer einen Reiseführer für die Lüneburger Heide schreiben will, findet hier das perfekte Titelbild. Schließlich halten wir inmitten der Heidelandschaft vor einem kleinen Gehege mit Heidschnucken. Diesmal unterbrechen nicht die Lamas, sondern die Heidschnucken und ihre Jungtiere mit ihrem Blöken Preißlers Erzählungen.

Lamatrekking
Dietmar Preißler machte sich vor acht Jahren mit seinem Heide-Lama-Trekking selbstständig. Foto: Paula Loske-Burkhardt

Preißler stört das nicht. Er ist die Geräusche in der Natur schließlich gewöhnt. An seinem Job liebt er vor allem, dass er täglich draußen unterwegs ist. Mittlerweile bietet er verschiedene Arten von Lamatrekking an: Schnuppertouren, vierstündige Touren sowie Touren über zwei und drei Tage – Camping und Lagerfeuer inklusive. Die Zielgruppe ist bunt gemischt. Das sieht man auch in unserer Gruppe: Sie besteht aus einer Studentin mit ihrer Mutter und einer Freundin, einer jungen Familie mit drei Kindern und einem Pärchen. Lamatrekking sei ein beliebtes Geburtstagsgeschenk, sagt Preißler. Außerdem macht Preißler, der zertifizierter Natur- und Landschaftsführer ist, auch Touren mit Schulklassen und Betriebsausflüge.

Nach zwei Stunden verlassen wir den Wald und kehren zum Startpunkt zurück. Bevor sich die Gruppe von den Lamas verabschiedet, werden noch schnell ein paar Lama-Selfies gemacht. Dann führt Dietmar die Lamas eines nach dem anderen umgebauten Anhänger. Zum Schluss erleben wir dann doch noch das Must-see einer Begegnung mit Lamas: Der freche Beppo spuckt Anführer Pedro an.

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