Das Leitungswasser in Harburg hat kürzlich bei Stiftung Warentest besonders gut abgeschnitten. Wir haben mit Hamburg Wasser über tägliche Kontrollen, den Einfluss alter Leitungen und den Unterschied von hartem und weichen Wasser gesprochen.
Viel Wasser trinken, das ist gerade bei hohen Sommertemperaturen wichtig. Und Mineralwasser ist beliebt: Die Deutschen trinken pro Kopf rund 150 Liter im Jahr. Dass Trinkwasser aus der Leitung mit der Qualität von Mineralwasser durchaus mithalten, hat gerade ein Test der Stiftung Warentest gezeigt. In manchen Bio-Mineralwässern fanden die Tester sogar bedenkliche Keime; das Wasser aus der Leitung war in 20 deutschen Städten dagegen unbedenklich.
Die Probe aus dem Harburger Rathaus schnitt sogar sehr gut ab. FINK-Redakteurin Sandra Jütte sprach mit Laborleiter Björn Marquardt und Pressesprecher Ole Braukmann vom Versorger Hamburg Wasser über den Ursprung des Hamburger Wassers und den Einfluss alter Leitungen.
FINK.HAMBURG: Wie gut ist die Qualität des Hamburger Wassers und gibt es lokale Unterschiede?
Björn Marquardt: Das Hamburger Trinkwasser ist generell sehr gut und hat einen guten Mineralisierungsgrad, da es aus Grundwasser gewonnen wird. Nach der Trinkwasserverordnung gibt es auch eindeutige Vorgaben zur Kontrolle. Wir testen unser Wasser sogar noch öfter: In unserem Labor überprüfen wir täglich Proben aus allen unseren Wasserwerken – aus dem größten Werk sogar zweimal.
Ole Braukmann: Lokale Unterschiede gibt es in Hamburg nur bei der Mineralisierung, da das Wasser je nach Region aus einem der 16 Wasserwerke kommt. Jedes Wasserwerk speist sich wieder aus einer unterschiedlichen Anzahl an Brunnen, die unterschiedlich tief sind.
Wird das komplette Hamburger Wasser aus Grundwasser gewonnen?
Braukmann: Ja, wir gewinnen unser Trinkwasser ausschließlich aus Grundwasser. Momentan betreiben wir etwa 465 Brunnen. Damit versorgen wir Hamburg und einige Städte und Kommunen im Umland. Um das gewährleisten zu können, müssen wir auch rechtzeitig neue Brunnen bauen, bevor andere altersbedingt nicht mehr nutzbar sind.
Marquardt: In den nächsten Jahren sind rund 100 neue Brunnenbohrungen geplant, da sich der Bedarf ändert. Hamburg wächst ja permanent und wir brauchen künftig mehr Wasser.
“Das Auge trinkt mit.”
Das Wasser schmeckt je nach Region sehr unterschiedlich. Was macht gutes Wasser aus?
Marquardt: Das ist sehr individuell. Der eine mag zum Beispiel mehr Salz als der andere. Laut Trinkwasser-Verordnung darf Trinkwasser keinen Eigengeschmack haben. Ein stark mineralisiertes Wasser, zum Beispiel mit Eisen oder Natrium, hat aber natürlich einen anderen Geschmack als eines mit wenig Mineralstoffen.
Braukmann: Und auch das Auge trinkt mit. Bei Blindverkostungen schneidet Leitungswasser, zum Beispiel in Mineralwasserflaschen, regelmäßig gut ab. Zudem spielt die Art der Verwendung eine Rolle. Für Tee nehme ich vielleicht lieber weiches Wasser mit weniger Mineralien, als wenn ich direkt es aus dem Hahn trinke. Aber egal wo, das Trinkwasser in Deutschland ist immer von bester Qualität und das zu einem top Preis.
Es gibt Länder, in denen das Wasser nach Chlor schmeckt. Wird in Hamburg gechlort?
Marquardt: Chlor ist in vielen unserer Werke nicht notwendig und im Trinkwassernetz landet überhaupt kein Chlor.
Braukmann: Es gibt Phasen im Jahr, da steigt der Bedarf der Kunden rasant an. Etwa im Hochsommer. Damit wir dann keine Engpässe bekommen, betreiben wir in Rothenburgsort ein großes Behältersystem, in dem Wasser gespeichert wird. Da ist es sinnvoll, vorsorglich gegen Keime mit Chlor zu desinfizieren. Das baut sich aber schnell wieder ab, und wenn das Wasser in das Versorgungsnetz eingeleitet wird, enthält es kein Chlor mehr.
Was sagt die Wasserhärte aus?
Marquardt: Die Wasserhärte bezieht sich auf die Erdalkaliionen, hauptsächlich Calcium und Magnesium. Wenn viel davon im Wasser gelöst ist, spricht man von härterem Wasser. Dies kann dann etwa zu Kalkablagerungen in der Waschmaschine führen.
Und zu viele Mineralstoffe sind nicht gut?
Marquardt: Generell macht bei Mineralstoffen die Dosis das Gift. In geringen Mengen sind viele Stoffe im Wasser in Ordnung. Die Zusammensetzung der Mineralstoffe in den Grundwässern ist auch unterschiedlich. Deshalb schreibt die Trinkwasserverordnung regelmäßige Untersuchungen vor. Trinkwasser wird wesentlich stärker kontrolliert als Mineralwasser.
Aber nützen denn die vielen Kontrollen, wenn das Wasser danach durch verschiedene Rohre bis zu meinem Hahn fließt?
Marquardt: Im Grunde ist es wichtig, dass das Wasser fließt. Umso länger die Verweildauer im Hahn ist, desto mehr Stoffe können aus dem Leitungsmaterial ins Wasser übergehen. Das kann schon über Nacht passieren. Dennoch sind die Werte in der Regel nicht bedenklich. Die Rohre sind dafür ausgewählt, dass sie eine hohe Stabilität haben und das Wasser nicht beeinträchtigen.
“In manchen Häusern gibt es noch Bleirohre”
In manchen Häusern gibt es aber noch Bleirohre. Deshalb bieten wir auch an, dass Wasser aus dem Hahn bei uns untersuchen zu lassen. Wird Blei gefunden, ist es sinnvoll, sich an den Hauseigentümer zu wenden. Der muss dafür Sorge tragen, dass das Wasser wieder die Vorgaben der Trinkwasser-Verordnung erfüllt.
Sind Wasserfilter in so einem Fall sinnvoll?
Braukmann: Die sind in Hamburg absolut nicht notwendig. Wenn sie nicht ordnungsgemäß betrieben oder regelmäßig gewartet werden, sind sie sogar eher noch ein Nährboden für Keime. Das kommt natürlich auch auf das Modell an. Man braucht sie aber nicht. Da schüren manche Firmen auch Ängste, die unbegründet sind.
Sie haben vorhin erwähnt, dass der Bedarf auch mal höher sein kann. Wann wird denn am meisten Wasser verbraucht?
Braukmann: Das schwankt tatsächlich. Wenn morgens viele duschen, kann der gesamte Bedarf ansteigen. Dann vielleicht gegen Abend nach der Arbeit noch mal. Oder auch bei Sportereignissen, wie wichtigen Fußballspielen. Da können wir wirklich sehen, dass in der Halbzeit viele zur Toilette laufen und unsere Mitarbeiter in der Leitstelle müssen das auch überwachen.
Deshalb gucken unsere Mitarbeiter in der Leitstelle solche Spiele mit und schalten kurz vor der Pause den Autopiloten aus. Sonst wertet der Autopilot den immensen Wasserverbrauch möglicherweise als Rohrbruch.
“Bei wichtigen Fußballspielen können wir sehen, dass in der Halbzeit viele zur Toilette laufen”
Und wie sieht der Bedarf jetzt im Sommer aus?
Braukmann: Auch über den Jahresverlauf gibt es enorme Schwankungen. Am allerwenigsten verbrauchen die Leute am 1. Januar. Da liegt der Verbrauch im Normalfall bei unter 300.000 Kubikmetern. Im Sommer können das schon mal bis zu 450.000 Kubikmeter sein. Der Durchschnitt liegt bei etwa 315.000 Kubimeter. Diese Schwankungen sind eine Herausforderung. Bauen wir zu große Leitungen, könnte das Wasser zum Beispiel im Winter zu lange darin verweilen, bevor es beim Kunden ankommt. Dann könnten sich wieder Keime bilden.
Wer wissen möchte, aus welchem der 16 Wasserwerke sein oder ihr Wasser kommt und welche Mineralstoffe es enthält, kann das auf der Webseite von Hamburg Wasser nachschauen.
Titelfoto: Rudy and Peter Skitterians/Pixabay