Weil ein Besuch im Theater derzeit nicht möglich ist, müssen viele Theaterhäuser umdenken: Manche Vorstellungen finden digital statt. Doch vor welche Herausforderungen stellt das die Veranstalter*innen?
Jugendliche und Theaterprofis bringen zusammen Stücke auf die Bühne – das ist das Konzept des Backstage Festivals. Wie das in Corona-Zeiten funktionieren kann, erklärt Festivalleiter Michael Müller. Eröffnung ist am 18. Juni.
Das Backstage-Festival des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg wird dieses Jahr digital stattfinden. Schon seit 2013 erarbeiten Jugendliche gemeinsam mit Theaterprofis verschiedene theatralische Projekte. Diese werden einmal im Jahr präsentiert. Michael Müller, Leiter des Festivals, hat uns erzählt, wie sie mit den Beschränkungen umgehen.
FINK.HAMBURG: Eigentlich soll das Festival die Bühne für jugendliche Nachwuchsschauspieler*innen frei machen. Anstelle des Vorhangs wird sich nun ein Browserfenster öffnen – kann das einen Theaterbesuch ersetzen?
Michael Müller: Nein, natürlich nicht. Um das Festival nicht absagen zu müssen, hatten wir jedoch keine andere Wahl, als die Projekte der Jugendlichen digital zu präsentieren. Wir wollten, dass alle Gruppen so einen Abschluss haben. Das war zwar eine Herausforderung, aber ich denke, dass wir alle viel gelernt haben und zufrieden mit dem Ergebnis sind.
Michael Müller ist seit 1991 leitender Theaterpädagoge am Deutschen Schauspielhaus und verantwortlich für das Backstage-Festival. Er ist außerdem als Dramaturg im Einsatz und arbeitet als Autor im Bereich Kinder- und Jugendtheater.
FINK.HAMBURG: Wie wird das Festival nun ablaufen?
In den vergangenen Wochen haben wir Teile der Projekte, die wir mit den Jugendlichen erarbeitet haben, verfilmt. Meine Kollegin Marie Petzold und ich werden das Festival am Abend des 18.06. gemeinsam digital eröffnen. Dann wird jeden Abend ein neues Projekt in Videoform auf der Website des Schauspielhauses verfügbar sein. Dazu gibt es außerdem interaktive Elemente.
FINK.HAMBURG: Welche Hürden bringt ein digitales Festival mit sich?
Durch die Corona-Krise haben alle Theater mächtig gekämpft. Wir konnten einige Wochen lang nicht proben, also mussten wir die Stücke erst wiederaufnehmen. Als wir uns wieder treffen konnten, galten natürlich strenge Hygienevorschriften. Glücklicherweise hatten wir einen super Hygieneberater, der uns die Arbeit sehr erleichtert hat. Auch die Jugendlichen haben gut auf die Maßnahmen geachtet. Marie Petzold ist digital sehr affin – das hat bei der digitalen Umsetzung sehr geholfen.
FINK.HAMBURG: Wie haben die jugendlichen Teilnehmer*innen auf die neuen Umstände reagiert?
Gerade für junge Leute sind die Einschränkungen sehr hart. Umso motivierter waren unsere Teilnehmer*innen dann, für alle Projekte eine digitale Lösung zu finden. Die Jugendlichen haben ihre Projekte kreativ in Filmen umgesetzt. Einige Projekte wurden im Schauspielhaus selbst gedreht, andere auf Außendrehs verfilmt. Leider konnten wir nicht alle Aufführungen auf Video festhalten. Tanzperformances sind aufgrund der Abstandsregeln zurzeit nicht möglich.
FINK.HAMBURG: Das Motto des Festivals ist dieses Jahr “Freiheit”. In Zeiten von Corona ist das nicht mehr selbstverständlich. Wie behandeln die Jugendlichen das Thema?
Wir haben die Projekte noch entwickelt, bevor Corona zu einer Pandemie wurde. Deshalb handeln die Stücke und Texte in erster Linie von anderen Gedanken zum Thema Freiheit. Der Einfluss der Corona-Krise und die dadurch verbundene Beschneidung der Freiheit wird aber natürlich schon durch das Setting sichtbar.
FINK.HAMBURG: Das Festival soll trotzdem im Herbst live nachgeholt werden – was erwartet die Gäste dann?
Noch wissen wir nicht, welche Hygienevorschriften im Herbst gelten werden. Trotzdem möchten wir dann das gesamte Programm – sofern es geht – weg vom Sofa auf die Bühne bringen. Vielleicht dann nicht im Malersaal, sondern als Open Air.
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Titelbild: Jan-Ole Lops © Deutsches SchauSpielHaus Hamburg