128 Tassen Ingwertee hat sie getrunken, um pünktlich zum Auftritt wieder gesund zu sein: Brockhoff bringt frische Indie-Musik aus Hamburg auf das Reeperbahn Festival. FINK.HAMBURG war beim Konzert und hat Lina Brockhoff vorher zum Gespräch getroffen.
Brockhoff heißt das Projekt der Sängerin Lina, deren Nachname der Band ihren Namen gibt. Erst dieses Jahr kam die erste Single von Brockhoff raus. Unter dem Radar blieb die Kombo nicht lange: im Juni stand sie auf der Bühne vom Tempelhof Sounds in Berlin und im Juli war sie Support der deutschen Indie-Pop-Band Jeremias im Uebel und Gefährlich. Fun Fact: Diese ist ebenfalls benannt ihrem Frontsänger – hier ist es nur der Vorname.
Beim Reeperbahn Festival hatte Brockhoff gleich drei Auftritte. Eine ihrer Shows spielte sie am Donnerstagabend im Molotow, eine gewohnte Adresse für Fans von Indie-Rock-Klängen. Im Moltow standen schon Bands wie Mando Diao, The White Stripes oder Peaches auf der Bühne.
Lina kommt ursprünglich aus der Nähe von Hildesheim und ist Sängerin und Songwriterin des Projekts Brockhoff. Vor zwei Jahren zog sie für ihr Studium nach Hamburg. Momentan sei sie aber mehr auf Bühnen als im Hörsaal zu sehen, sagt sie.
Brockhoff erinnert an den Pop-Rock der Jahrtausendwende
Brockhoffs Stil ist inspiriert von Bands wie The Cardigans und Sheryl Crow – mal poppig, mal rockig, meistens geradlinig, eingängig, ohne Chichi. Ihr Songwriting erinnert an Soccer Mommy, Phoebe Bridgers und Snail Mail – eine Generation von Singer-Songwriter*innen, die zwischen Mitte der 1990er und 2000er Jahre geboren sind.
„Wenn man auf handgemachte E-Gitarrenmusik steht, die auch einige 90s und 2000er-Referenzen enthält, dann ist man bei Brockhoff genau richtig”, sagt Lina über ihren Sound. “Wir lieben Fuzz und E-Gitarren“, so die 22-Jährige weiter. Auch ihr Look erinnert an den Style dieser Zeit: bunter Lidschatten, weiten Hosen, Crop-Top, Plateau-Docs, Flechtzöpfe und große Haarspangen.
Dieses Jahr hat Lina mit Brockhoff ihr Debüt gegeben mit der EP „Sharks“. In der Single „Sharks“ singt sie von einer Party, auf der sie sich unwohl fühlt. Diese Erfahrung machte sie selbst: „Es war so eine fake happiness, die da herrschte und so ein vergleichender Vibe und ich war überhaupt nicht auf einer Wellenlänge mit den Leuten dort, den sogenannten Sharks“, sagte sie dazu bereits in einem Interview mit dem Musikblog “Dotted Note” .
Eigentlich war im September eine Tour geplant, die krankheitsbedingt großteils abgesagt werden musste. Dennoch hat Lina den Festivalsommer aber sehr genossen. „Es ist gerade alles noch sehr neu und spannend, weil es überhaupt der allererste Festivalsommer für mich war. Und auch das allererste Mal, dass ich Gigs mit dem Projekt und mit Band gespielt habe“, so Lina.
Live on Stage: Brockhoff im Molotow
Um viertel vor acht ist es noch leer im Molotow. Das ändert sich schnell: Wer nochmal kurz im Hinterhof des Clubs nach Luft schnappt, sieht sich zehn Minuten später mit einem proppevollen Raum konfrontiert. Die Band steht bereit fürs Konzert.
Lina wechselt zwischen den Songs von Akustik zu E-Gitarre. Fast alle Stücke spielt sie mit Band – begleitet wird sie von Gitarre, Bass und Schlagzeug.
Im Vordergrund der Musik stehen die Stimme der Sängerin und die Gitarrensounds. Der Sound von Brockhoff ist pop-rockig, aber zurückgenommen und ohne Chichi. Gelassener Indie mit viel Gefühl zum Mitwippen, manchmal mit Mundharmonika-Einlage.
Der Refrain von „Ever Since We Met“ ist fast gehaucht. Lina singt durchdringend, aber nie drückend, sondern mit viel Leichtigkeit. Die Übergänge zwischen Strophen und Refrains sind rockiger, die Strophen werden begleitet von straighten und satten Beats.
Indie-Musik aus Hamburg – mal poppig, mal rockig, hat eine lange Tradition. Die Band Kettcar besang bereits die Landungsbrücken, “Wie sieht’s aus in Hamburg?”, fragen Tomte ganz generell. Auch Brockhof haben als hiesige Gruppe ihre Stadt als Inspirationsquelle genutzt.
Den bisher noch unveröffentlichten Song „Japanese Garden“, inspiriert vom japanischen Garten in Planten un Blomen, performt Lina solo. Ausgerechnet da verrutscht der Ton: Die Gitarre ist nicht ordentlich gestimmt. Lina bricht ab und entschuldigt sich. Das macht sie nur noch sympathischer. Ihr Bandkollege unterstützt beim Stimmen, das dauert ein bisschen. Die Leute im Publikum nutzen die Pause, klatschen Applaus, pfeifen und feuern an.
Bis auf die kleine Unterbrechung sind die Übergänge fließend. Kleine Pausen zum Gitarrenwechsel moderiert Lina souverän: Etwa, dass es ein sehr schönes Gefühl sei, statt als Gast auch mal als Künstlerin im Molotow zu sein und auf der Bühne zu stehen.
Im Interview mit FINK.HAMBURG erzählt Lina, dass sie die vergangen beiden Jahre als Besucherin auf dem Reeperbahn Festival war. Da hatte sie noch nicht gedacht, dieses Jahr schon selbst hier zu stehen. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass das Projekt so frisch ist und wir schon auf so vielen mega coolen Indie-Festivals spielen durften. Das war ein sehr schönes Gefühl und ich konnte viele Erfahrungen sammeln. Ich habe jetzt schon Bock auf nächstes Jahr.“
Zum Schluss gibt es noch die neue Single „Clearing up“, die am Tag darauf, dem vorletzten Tag des Reeperbahn Festivals, ihr Release feiert. Ein gelungener Einstand für Brockhoff.
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