Wer nachhaltigen Kaffee kaufen will, kann sich an verschiedenen Siegeln orientieren. FINK.HAMBURG sagt, welche das sind. Und stellt Initiativen vor, die sich in Hamburg um Fairtrade-Kaffee kümmern.
Am liebsten trinkt Marlon Rommel seinen Kaffee als Flat White, dazu gibt es ein Stück veganen Apfelkuchen. Er ist Mitgründer von “Teikei”. Hinter dem Café in der Hamburger Schanze steckt eine Art solidarische Landwirtschaft für Kaffee.
“Teikei” ist japanisch und bedeutet “Zusammenarbeit”. Der Gedanke dahinter: Wenn man weiß, wer den Kaffee angebaut hat, konsumiere man auch ganz anders, sagt Rommel. Mit der Idee für den Laden kam bei ihm auch die Liebe zu dem Heißgetränk. “Ich habe darüber erst gemerkt, was sehr guter Kaffee eigentlich ist”, sagt er. Mittlerweile sei seine Liebe für das Produkt noch weiter gewachsen. Täglich trinke er Kaffee, aber den, wie er sagt, “richtigen”.
Und so funktioniert das Konzept: Wer Kaffee bei “Teikei” bestellt, zahlt im Voraus für die gewünschte Kaffeemenge eines Jahres. Damit investieren die Kaffeeliebhaber*innen direkt in die Ernte der Kleinbauer*innen in Mexiko. Diese sind dann weniger abhängig von Schwankungen am Markt und bekommen einen angemessenen Preis für ihr Produkt.
Im Segelschiff über den Atlantik
Das Team von “Teikei” kennt alle Kleinbauer*innen vor Ort und alle Zwischenschritte, bis der Kaffee bei den Konsument*innen landet. Dieser direkte Weg schaffe Transparenz und vermeide Extrakosten, erklärt Lotti von Wulffen vom Team. “Kaffee ist ein Produkt, das wir ganz selbstverständlich konsumieren”, sagt sie. “Wir sollten aber darauf achten, dass er fair gehandelt und biologisch angebaut wurde.”
Mit der Sicherheit durch die Vorfinanzierung können die Kleinbauer*innen dem Team zufolge auch besser in ihren Kaffee investieren. Das führe wiederum zu einer besseren Ernte im nächsten Jahr. Der Kaffee kommt dann mit einem Segelschiff von Mexiko bis nach Hamburg. Die gerösteten Bohnen landen am Ende bei den Verbraucher*innen, die vorbestellt haben.
Neben “Teikei” gibt es in Hamburg noch andere Cafés und Röstereien, die nachhaltigen Kaffee verkaufen. “Nord Coast Coffee” etwa röstet und verkauft direkt gehandelten Kaffee und spendet pro verkauftem Kilo 50 Cent an soziale Projekte in den Ursprungsländern. “Quijote Kaffee” bezieht die Bio-zertifizierten Bohnen direkt und fair von Kleinbauer*innen in Lateinamerika oder Indien. Zudem veröffentlicht “Quijote Kaffee” alle Kaufverträge und einen umfangreichen Transparenzbericht.
Doch auf was sollten Verbraucher*innen generell achten, wenn sie fairen Kaffee kaufen wollen?
An welchen Siegeln sich Verbraucher*innen orientieren können
Wer Kaffee im Supermarkt kauft, kann nur auf Siegel wie “Fairtraide” achten. Auch andere Siegel wie “Utz” oder “Rainforest Alliance” signalisieren fairen Handel. Stiftung Warentest hat bei verschiedenen Siegeln geprüft, wie umfangreich die ökonomischen, ökologischen und sozialen Kriterien sind. Die Tester*innen bescheinigen den Siegeln “Naturland Fair”, “Fairtraide” und “Rapunzel Hand in Hand” eine sehr hohe oder hohe Aussagekraft. Auch “Gepa fair+” ist vertrauenswürdig: Zwar basiert “fair+” nur auf Standards anderer Siegel, trotzdem setzt Gepa “auf direkte, lange Beziehungen mit Produzenten”, so Stiftung Warentest.
Rommel von “Teikei” hat einen Tipp für den Kaffee-Einkauf im Supermarkt: Die Packung mit 250 Gramm Kaffee sollte mindestens fünf Euro kosten. Darunter könne nicht genug Geld bei den Erzeuger*innen ankommen.
“Da ist immer noch Luft nach oben”
Laut Rafaël Schneider von der Welthungerhilfe gilt: Wo Fairtraide draufsteht, ist auch fairer Handel drin. Die Arbeitsbedingungen und Löhne für Kleinbauer*innen seien dann zwar besser, aber nicht perfekt: “Bei Ernährungssicherheit und sozialen Fragestellungen, wie etwa Zugang zu Bildung und Gesundheitssystemen, ist bei allen Zertifikaten und Lieferketten noch Luft nach oben”, sagt er.
Den meisten Kaffee weltweit bauen Kleinbauer*innen an, die jeweils weniger als einen Hektar Land haben. Nachhaltigkeitssiegel sorgen nachweisbar für bessere Löhne – aber was ist mit der Umwelt? Auch da gebe es noch Verbesserungspotenzial, sagt Experte Schneider. Es werden noch relativ viele Pestizide eingesetzt. Besser sind Produkte mit Bio- oder anderen Umweltsiegeln: Synthetische Spritzmittel beim Anbau sind da tabu.
Genussmittel haben ihren Preis
Weniger Pestizideinsatz heißt aber auch, dass durch Schädlinge der Ernteertrag am Ende geringer ist. Das macht den Kaffee wieder teurer. Natürlich kostet Kaffee mit Siegeln mehr – aber Kaffeeliebhaber*innen sollten sich das ruhig leisten, findet Schneider. “Wir müssen lernen, dass Kaffee ein Genussmittel ist, für das man einen angemessenen Preis zahlen muss.”
Von der weltweiten Kaffeemenge sind nur zehn Prozent zertifiziert. Die Nachfrage ist noch zu gering. Konsument*innen sollten hier ein Zeichen setzen und sich bewusst für nachhaltigen Kaffee entscheiden, so der Experte.
Egal, ob als Flat White, Cappuccino oder Espresso – nachhaltiger Kaffee ist gut für das Gewissen. Und er schmeckt damit vielleicht auch noch ein wenig besser.
Titelbild: Erick Bolaños/Teikei