Der rot-grüne Senat hat einen Klimaplan entwickelt. Hamburg soll zur wirtschaftsstarken, lebenswerten und klimaneutralen Metropole werden. Der Plan beinhaltet ein Klimaschutzgesetz, das Teil der Hamburger Verfassung werden soll.

Seit gut einem Jahr streiken Aktivist*innen von Fridays For Future in Deutschland. Erst durch die Bewegung ist die Klimakrise in den politischen Handlungsfokus gerückt. Der Handlungsbedarf scheint offensichtlich: Für 2020 werden die Klimaziele des Bundes mit 40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 höchstwahrscheinlich mit nur 32 Prozent Einsparung verfehlt.

Das derzeitige Klimapaket der Bundesregierung steht unter deutlicher Kritik einiger Landesminister. Das Paket sei zu wenig ambitioniert, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen. Diese sehen für Deutschland vor, 55 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990 einzusparen. Der Bundestag beschließt das Paket trotzdem und riskiert eine Ausbremsung aus dem Bundesrat. Angela Merkel strebt eine Einigung mit den Ländern vor Weihnachten an – diese halten das für unrealistisch.

Auch im Lokalen stehen die Akteuere unter öffentlichem Druck. Anfang Dezember stellt der Hamburger Senat die Erweiterungen des Hamburger Klimaplans vor. Mehr als 400 Maßnahmen sollen dazu beitragen die Hamburger Klimaziele von ebenfalls 55 Prozent Emissionseinsparung bis 2030 sozialverträglich zu erreichen.

Ehrgeiziger, als das Klimapaket der Bundesregierung

Der Senat hatte im August beschlossen, die Treibhausgaseinsparungen in Hamburg für 2030 von 50 auf 55 Prozent zu erhöhen. Konkret seien das 4,1 Millionen Tonnen CO2, die Hamburg in den vier Sektoren “Private Haushalte”, “Dienstleistungen”, “Industrie” und “Verkehr” bis 2030 einsparen möchte. Weitere 2,9 Millionen Tonnen CO2-Einsparung sollen durch den Einsatz von Fernwärme und erneuerbaren Energien erreicht werden, dem so genannten Energiemix des Bundes.

Bis spätestens 2050 soll Hamburg klimaneutral sein, meint der Hamburger Senat. Um das zu schaffen, brauche es keinen Klimanotstand. Diesen auszurufen, wie es kürzlich die Europäische Union getan hat, hat vor allem symbolische Wirkung und soll zeigen, dass eine Kommune oder eine Regierung den Klimawandel ernst nimmt und Maßnahmen für den Klimaschutz einleitet, sagt das Bundesumweltministerium.

Mit dem Pariser Klimaabkommen haben sich fast alle Staaten der Welt dafür entschieden, den globale Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 °C zu begrenzen. Bei der Vorstellung seines Klimaplans betont der Hamburger Senat, dass die Folgen des Klimawandels bereits spürbar sind. Um das 1,5°C Ziel zu erreichen, müsse man sich den Notwendigkeiten stellen. Deswegen soll mit einem Klimaschutzgesetz eine Änderung in der Hamburger Verfassung vorgenommen werden, um die Verantwortung für die Begrenzung der Erderwärmung wahrzunehmen.

Anders, als der Klimaplan des Bundes, beziffert der Hamburger Klimaplan konkrete CO2-Minderungen in Zahlen. Die Maßnahmen, die im Klimagesetz verankert sein sollen, sind laut Senat mit externer Expertise geprüft worden. So solle sichergestellt werden, dass sie tatsächlich förderlich sind. Umstrittene Maßnahmen, wie die Festlegung eines Mindestabstand für Windkrafträder zu Siedlungen, wie sie der Bund durchsetzte, sollen somit vermieden werden.

Klimaschutz ist eine Mitmachaktion

Im Zuge des Hamburger Klimaplans soll es neue Ordnungsgesetze geben und Regeln sollen verbindlich geändert werden. Die Hamburger Regierung betont, sich bewusst zu sein, dass das dem Einzelnen, ob Bürger oder Unternehmen, etwas abverlangt. Trotzdem solle niemand überfordert und die Lasten des Klimaschutzes sozial verteilt werden, um nicht zuletzt mit Klimaschutz Lebensqualität zu bewahren. So die Vision der Politiker.

Der wachsende Wirtschaftsstandort Hamburg solle von den Maßnahmen sogar profitieren. Sie böten wirtschaftliche Chancen, zum Beispiel durch einen technologischen Fortschritt im Wettbewerb. Wirtschaft, Wissenschaft und die Bürger müssten an einem Strang ziehen. Für diesen Plan fordern die politischen Vertreter ihre Akzeptanz und ihr Vertrauen.

Zustimmung gab es schon einmal von einem Großteil der Fraktionen aus der Bürgerschaft, die diesen Mittwoch tagte. Das Hamburger Landesparlament applaudierte mehrfach während der Regierungserklärung zum Hamburger Klimaplan des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher.

Konkrete Maßnahmen

Bei der Wärmewende setzt der Senat auf den Kohleausstieg in der Fernwärme bis 2030. Mit dem Energiepark Hafen sollen bestehende Kohlekraftwerke klimaneutraler umgebaut und betrieben werden. Auf der Elbinsel Wilhelmsburg entsteht gerade das größte Geothermieprojekt Norddeutschlands.

Die Gebäudeeffizienz von Neubauten soll sich durch energetische Leitkriterien nach dem Vorbild des Effizienzhaus 40 verbessern. Das heißt, es soll vermehrt Holz statt Beton und Glas verbaut und es sollen Photovoltaikanlagen eingesetzt werden. Öffentliche Gebäude, wie Universitäten, sollen in den nächsten Jahren saniert und Sanierungen von Gewerbebauten mehr gefördert werden.

Der Anteil des Öffentlichen Nahverkehrs gegenüber des Gesamtverkehrs soll von aktuell 22 auf 30 Prozent wachsen. Der Radverkehr soll stärker gefördert werden und anteilig auf 25 Prozent steigen und die E-Mobilität auf einen Anteil von 14 Prozent ausgebaut werden. Die PKW-Flotte der Stadt soll auch elektrisch werden. Für die Mobilitätswende in Hamburg sollen Landstromanlagen gebaut werden, damit auch Kreuzfahrt- und Containerschiffe verpflichtend Landstrom im Hafen nutzen.

In der Wirtschaft wird auf das Förderprogramm NEW 4.0 gesetzt und ein energieeffizientes Industrienetzwerk getestet. Neben der Einspeisung des Stroms der Windenergieanlagen aus Schleswig-Holstein beschäftigt sich das Projekt mit der Anpassung der Energieverbräuche und der möglichen Energie-Eigenerzeugung in den Unternehmen.  Teil des Förderprogramms ist auch das Norddeutsche Reallabor der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, die auch an der Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie beteiligt sind, um überschüssigen Strom zu speichern und nutzbar zu machen.

Um Überschwemmungen in der Innenstadt durch Starkregen zu kompensieren, möchte der Senat Rückhalteräume bauen lassen, die auch als Parkflächen genutzt werden können. Klimaanpassung heiße auch eine grünere Stadt mit Dach- und Fassadenbegrünungen. Der Baumbestand in allen Bezirken der Stadt solle erhalten und aufgeforstet werden. Der Hochwasserschutz werde fortgeführt und Deiche für den Ernstfall erhöht.

Titelbild: Nikolas Baumgartner