Die Trecker-Demo hat am Donnerstag Hamburg lahm gelegt. FINK.HAMBURG war vor Ort und hat mit Landwirten und Hamburgern gesprochen. Ein Überblick über die Ereignisse.

Mit Mistgabeln und Fackeln wird nicht mehr auf die Straße gezogen. Heute steigen die Landwirt*innen in ihre tonnenschweren Trecker, sind online vernetzt und können in der Masse den Verkehr in einer Millionenstadt blockieren. Laut Polizei haben sich am Donnerstag an der Trecker-Demo in Hamburg rund 4.000 Trecker beteiligt.

Die Verkehrslage auf den Hamburger Straßen ist am Morgen noch entspannt. Die Polizei leitet Trecker-Kolonnen unter anderem durch die Landkreise Rothenburg und Harburg. In Wilhelmsburg treffen gegen 11.00 Uhr ein Teil der Landwirt*innen verspätet ein. Nach Schätzungen der Polizei vor Ort werden etwa 1.000 Traktoren auf der alten Wilhelmsburger Reichsstraße abgestellt.

Im Laufe des Vormittags rollen immer mehr Trecker auf den Straßen in die Innenstadt und blockieren den Verkehr.

Auf Twitter empfiehlt die Polizei den Innenstadtbereich mit privaten Autos zu meiden, im Busbetrieb ist mit bis zu 50 Minuten Verspätung zu rechnen.

Nicht dabei ist Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie sagt aufgrund kurzfristiger Termine im Bundestag ihren Besuch auf der Umweltministerkonferenz ab.

So reagieren die Hamburger auf die Trecker-Demo

Die Reaktionen der Hamburger*innen auf die Demonstration sind unterschiedlich. Auf Twitter posten Menschen, wie sie zu der Trecker-Demo stehen. Manche lassen sich sogar tätowieren:

Andere beschweren sich direkt bei den Landwirt*innen:

Auch auf der Straße polarisieren die Demonstrant*innen: “Ich bin hier in die Stadt gekommen, um das zu sehen, weil ich das gut finde”, sagt ein 65-Jähriger Mann auf der Straße. “Alle reden immer von Nachhaltigkeit und regionalen Produkten. Da muss man die Landwirte auch mal unterstützen.”

Auch die 50-Jährige Hamburgerin Claudia stören die Blockaden nicht. Sie könne die Landwirte verstehen. “Ich glaube aber schon, dass die Politik und auch die Bauern ein bisschen verschlafen haben”, sagt sie über die Entwicklungen beim Umweltschutz und der Massentierhaltung.

Während die Älteren Verständnis für die Demonstration haben, sind die jungen Leute vor Ort eher genervt. “Es ist trotzdem eine Katastrophe. Die legen den kompletten Verkehr lahm”, sagt eine Frau.

Martin, 30, arbeitet in einem Designerstore mitten auf der Hohe Bleichen. Ein Kunde hätte schon abgesagt, weil er nicht zu dem Laden durchkäme. Er hatte die Demo im Vorfeld nicht mitbekommen, wurde von den Treckern überrascht. “In der Innenstadt sind öfter Demos, aber ich finde Trecker sollen raus aus der Stadt.”

Männer und Frauen demonstrieren mit Schildern in Hamburgs Innenstadt
Tausende Landwirt*innen demonstrieren am 14.11.2019 auf dem Gänsemarkt in Hamburg gegen die aktuelle Umweltpolitik. Foto: Jonas Ziock

Bauern aus ganz Norddeutschland

Landwirt*innen aus ganz Norddeutschland sind für die Demonstration nach Hamburg gereist. Elf Stunden seien sie gefahren, berichtet ein Landwirt aus Siegelsum in Ostfriesland. Sie hätten sich gestern um 11.00 Uhr auf die Trecker gesetzt und seien in einer großen Kolonne losgefahren.

Auch Fritz Gerken kommt aus Ostfriesland. Der 56-Jährige aus Jever ist gleich mit mehreren Treckern angereist. Mit ein paar Leuten lud er den Aufsitzmäher auf einen Anhänger. Gemeinsam fahren sie damit auf der Demonstration mit.

Männer am Gänsemarkt mit Pappschildern.
Protest mit Aufsitzmähern auf dem Gänsemarkt. Foto: Nikolas Baumgartner

Gerken demonstriert an diesem Tag gegen eine “Dichtreglementierung”, wie er das nennt. “Wir Bauern haben mittlerweile einen Bürojob mit den ganzen Anträgen. Dafür bin ich nicht Bauer geworden. Ich will mit dem Trecker übers Land fahren, Kühe melken und Schweine mästen”, sagt er FINK.HAMBURG im Interview.

Landwirt Hauke Meier aus dem alten Land ist Mitglied bei “Land schafft Verbindung” und ist mit seinem Traktor in die Innenstadt gerollt und möchte vor allem, dass “die Leute merken, was wir machen.”

Der 40-Jährige kann auch nicht verstehen, warum die Umweltministerin Svenja Schulz nicht an der Konferenz teilnimmt. “Das ist so, als hätte ich einen Termin beim Notar und gehe nicht hin”, sagt er.

Hier seht ihr im Video, was die Landwirt*innen von der Politik fordern

Buh-Rufe für den Hamburger Umweltsenator

Während der Kundgebung übergibt der deutsche Bauernverband den norddeutschen Umweltminister*innen, die ab Donnerstag in Hamburg tagen, eine Resolution mit Forderungen. Danach sprechen die Minister*innen zu der Masse.

“Die Umweltminister und Senatoren wertschätzen die Landwirtschaft und die Bauern sehr. Andererseits sind wir auch für Probleme verantwortlich wie Insektensterben, Nitrat und Stickoxide im Grundwasser”, sagt der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Es hagelt Buh-Rufe für den Politiker. Kerstan spricht auch über die Mitverantwortung der Landwirtschaft für die schlechte Wasserqualität in Hamburg, bietet dann den Dialog an. 

Gegen 14.00 Uhr löst sich die Kundgebung auf dem Gänsemarkt auf. Die Polizei in Schleswig-Holstein warnt vor weiteren Verkehrsbeeinträchtigungen wegen der Rückfahrt der Trecker.

sis/nik/joz