Bunte Poster schmücken Fassaden, Werbeflächen, Stromkästen: Unter dem Slogan „Stay Creative. Stay Safe“ realisierten zwei Grafikdesignerinnen eine öffentliche Ausstellung in Hamburg. FINK.HAMBURG hat mit ihnen gesprochen.
Im März schlossen Galerien und Museen wegen Corona, im Mai brachten Katja Hübner und Antje Schröder die Kunst auf die Straße: Mit DIN-A1-Postern plakatierten sie Häuserwände und Werbeflächen, machten die Stadt zum Ausstellungsraum.
Eigentlich arbeiten die beiden an Zeichen-Tablet und Screen: Als Agentur Kommune Art gestalten sie CD-Cover, Booklets und Merchandise für die Musikbranche. Doch durch den Lockdown wird die Arbeit der Grafikdesignerinnen momentan kaum benötigt. Für sie bedeutet Corona vor allem: Stillstand.
Ein Schicksal, das viele Kreative trifft. Gelöscht: Mit der Initiative „Stay Creative. Stay Safe“ rufen Antje und Katja dazu auf, trotz Auftrags-Flaute ins Schaffen zu kommen.
FINK.HAMBURG: Katja, woher stammt die Projektidee zu “Stay Creative. Stay Save”?
Katja: Ich hatte irgendwann in der Coronazeit das Gefühl: Ich halte das nicht mehr aus – dieses Abwarten und untätig zu sein. Man kann ja selber auch nichts ändern oder die Situation lösen. Und ich hatte den Gedanken: Wir müssen kreativ werden! Ein guter Freund von mir hat eine Plakatierungsfirma. Er hat mir erzählt, dass die ganzen Werbeflächen frei sind, weil gerade keiner Kampagnen bucht. Also starteten wir unsere eigene Werbekampagne. Für uns, aber auch für andere Illustratoren und Künstler aus Hamburg, die alle gerade nichts zu tun haben. Die Idee war, eine öffentliche Ausstellung zu machen. Die Werbeflächen dafür hat uns der Freund spendiert.
FINK.HAMBURG: Wo in Hamburg findet diese Ausstellung statt?
Katja: Die eigentliche Ausstellung war auf St. Pauli in den A1-Rahmen. Ein paar der Plakate sind mittlerweile schon wieder überklebt, aber es hängen trotzdem noch viele Motive. Und dann haben wir wild plakatiert: In der Schanze und im Karoviertel haben wir umfangreich gekleistert.
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FINK.HAMBURG: Insgesamt haben 13 Künstlerinnen und Künstler Motive zur Ausstellung beigesteuert. Wer sind diese Menschen?
Katja: Das sind wir vier aus dem Team von Kommune Art. Der Rest sind Illustratoren und Künstler aus dem Bekanntenkreis. Es sind zum Beispiel zwei Siebdrucker dabei, ein befreundeter Tätowierer oder eine Nachbarin von mir, die Künstlerin ist. Wir haben die einfach angesprochen, haben von der Idee erzählt. Und alle hatten Lust und haben sofort mitgemacht.
FINK.HAMBURG: Die Plakate sind sehr unterschiedlich. Sowohl in den Motiven als auch vom Stil: Der pastellfarbene Seemann schippert neben der Guillotine im Comic-Stil. Habt ihr Vorgaben gemacht, was die Bilder zeigen sollen?
Katja: Wir haben ein unauffälliges Logo entwickelt, das auf den Plakaten platziert wurde. Ansonsten haben wir nur den Slogan vorgegeben. Es war die Sache der Künstler, wie sie den Slogan interpretieren und was sie entwerfen.
FINK.HAMBURG: Der Slogan der Ausstellung lautet „Stay Creative. Stay Safe“. Welche Message steckt hinter diesen Worten?
Katja: Das „Stay Safe“ übermittelt: Lasst uns durchhalten und uns weiterhin an die Regeln halten. Das „Stay Creative“ sagt: Bleib kreativ und mache weiterhin das, was du schon immer gern gemacht hast. Auch oder gerade, weil du dich durch Corona im beruflichen Stillstand befindest. Mir hat es geholfen. Und ich denke den anderen auch.
FINK.HAMBURG: Warum ist es in deinen Augen so wichtig, kreativ zu bleiben während der Coronakrise?
Katja: Für uns Menschen hinter der Kampagne ist das wichtig, weil es unsere Sprache ist. Jeder hat sein Ventil – für den Sportler ist es der Sport, für uns die Kreativität.
FINK.HAMBURG: Das heißt: Indem ihr eure Kreativität auslebt, könnt ihr ausdrücken, was in euch vorgeht?
Katja: So weit würde ich bei mir nicht gehen. Ich sehe mich aber auch nicht als freischaffende Künstlerin, sondern als Grafikerin, die Illustrationen macht. Kreativ zu sein, etwas zu machen, Ideen zu haben und loszulegen – das hat uns geholfen, aus der Starre rauszukommen.
Und es ist schön zu sehen, wie die Menschen auf die bunten Poster in den Straßen reagieren. Wir haben die Poster in der Rindermarkthalle verkauft. Und da war ein ganz junges Pärchen bei uns am Stand. Die haben fünf DIN-A1-Poster gekauft und ich habe gefragt, was sie damit vorhaben. Sie erzählten, sie wollen ihr Wohnzimmer damit plakatieren, weil das in der Schanze so schön aussähe. Das fand ich wirklich genial: Die holen sich unsere Kampagne in ihr Wohnzimmer, weil sie die so schön finden – das ist ein wahnsinniges Kompliment!
FINK.HAMBURG: Du hast gerade erwähnt, dass ihr die Plakate auch verkauft habt. Verdient ihr und die anderen Künstler*innen Geld mit der Aktion?
Katja: Nein. Einnahmen werden gespendet an Pro Asyl. Das haben wir uns von Anfang an so überlegt. Weil es uns wichtig ist, dass der Kampf für Menschenrechte auch während Corona weiter geht. Diese Dinge dürfen nicht vergessen werden!
Fotos: Mali Paede