Propagandaminister Goebbels erklärt den Reichspogrom zwar für beendet, doch es werden weiter Jüd:innen festgenommen. Die NSDAP verbannt immer mehr jüdisches Leben aus Wirtschaft und Kultur.

In der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938 erklärt Joseph Goebbels die “Aktionen” zur Reichspogromnacht für beendet. In Hamburg kommt es trotzdem auch weiterhin zu Übergriffen. Unter anderem werden in einem Schuhgeschäft in der Herderstraße die Schaufenster eingeworfen. Die Geheime Staatspolizei (Gestapo) vermerkt in ihren Untersuchungsdokumenten: “Offensichtlich war ein Diebstahl nicht beabsichtigt, sondern es wird sich um eine nachträgliche Auswirkung der Volksempörung gegen die Juden gehandelt haben.” Von weiteren Maßnahmen ist nicht die Rede.

Vor und nach der Progromnacht

Jedes Jahr gedenken Menschen den Opfern der Reichspogromnacht, also jener Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, als Synagogen und jüdische Geschäfte überall in Deutschland angegriffen wurden. Was passierte in den Tagen davor und danach? Ein Überblick zur historischen Nachrichtenlage.

Jüd:innen, die sich Hilfe suchend an die Polizei wenden, erhalten keine Unterstützung. Generalfeldmarschall Herrmann Göring fordert, die Schäden des Reichspogroms von den Betroffenen selbst tragen zu lassen.

Auch am 11. November verhaftet die Gestapo männliche Juden, darunter auch den Arbeiter Emil Cohn aus Altona. Seine Frau Therese wird ein paar Tage später von einem Mann in Uniform aufgesucht, er gibt sich als Beamter der Gestapo aus. Der Mann fordert Geld von Frau Cohn und droht damit, dass sie ihren Mann nicht wiedersehen werde, wenn sie ihm keines gibt. Therese Cohn gibt vor, nicht zu wissen, wo ihr Bankbuch sei – der Mann geht wieder. Als sie den Vorfall bei der Polizei meldet, ist der Beamte vermeintlich dort nicht bekannt. Emil Cohn wird in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert.

Jüd:innen werden vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen

Die Einschränkungen für Jüd:innen verschärfen sich. Am Morgen des 11. November titelt der “Hamburger Anzeiger”: “Hamburger Polizeibefehl an die Juden”. Jüd:innen wird der Besitz von Waffen jeder Art verboten. Verstöße werden mit Haft und Konzentrationslager bestraft. Noch am selben Tag beschließt Goebbels, Jüd:innen auch von Kulturveranstaltungen, wie etwa im Theater oder im Kinos, auszuschließen. Auch staatliche Hilfen werden Jüd:innen aberkannt, jüdische Gemeinden sollen sich selbst um ihre Hilfsbedürftigen kümmern.

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In der Gesellschaft steigt nach dem Reichsprogrom die Angst, mit Jüd:innen in Zusammenhang gebracht zu werden. Bei der Damenfriseur-Schule Spickenagel wird laut dem Besitzer in der Nacht zum 11. November, “irrtümlich” ein Fenster eingeschlagen. Spickenagel beschwert sich über finanzielle Verluste, da Kund:innen seinen Laden nicht mehr betreten wollen – aus Angst es sei ein jüdischer Betrieb.

Nach Reichspogrom: USA zieht Botschafter zurück

Am Nachmittag des 11. November hält Goebbels im Propagandaministerium eine Pressekonferenz mit ausländischen Zeitungen ab. Dort hält er einen kurzen Vortrag zur weiteren Sprachreglung in der “Judenfrage”. Die Rede kommt international nicht gut an: Am Abend beschließt US-Präsident Roosevelt, seinen Botschafter für Konsultationen aus Deutschland zurückzurufen.

Illustration von Elisabeth Birkner

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