“The Gulf” erzählt die Geschichte von einem jungen Mann, der auf der Suche nach sich selbst ist. Mit seiner Vergangenheit konfrontiert, muss er sich seiner Zukunft in einer Welt allgegenwärtiger apokalyptischer Szenarien stellen.
Selim kehrt nach einer schmerzhaften Scheidung und einer gescheiterten Karriere in seine Heimatstadt Izmir zurück. Er ist antriebslos. Sitzt träge mit seinem Vater vor dem Fernseher, scheint sich aber auch nicht wirklich für die Sendungen zu interessieren. Er wandert ziellos umher, begegnet Menschen aus seiner Vergangenheit. Der 32-Jährige ist unmotiviert, hat keine Lust neue Dinge kennenzulernen oder etwas zu erleben. Die Stimmung ist bedrückend.
Selim ist abwesend
Der Zuschauer gerät mit dem Protagonisten in einen Alltagstrott. Die Tage vergehen – verdeutlicht wird das durch Einblendungen der Wochentage. Selim lebt in den Tag hinein. Einzige Konstante sind die sonntäglichen Essen mit seiner Familie. Doch auch dabei wirkt er abwesend, schaut immer wieder aus dem Fenster, trinkt nicht mit.
Plötzlich scheint er bereit für etwas Neues
Wendepunkt ist ein Tanker-Brand im Hafen Izmirs, wodurch sich ein beißender Gestank in der Stadt ausbreitet. Viele Menschen schützen sich mit Gasmasken, sind gezwungen die Stadt zu verlassen. Das Verhalten der anderen ist für Selim völlig absurd, er scheint den Gestank nicht zu bemerken. Doch die Stadt wird immer leerer, auch seine Familie verlässt Izmir. Der Strom der Menschen aus der Stadt wirkt surreal.
Hat Selim bis jetzt in einer Art Vakuum gelebt, in dem ihn nichts mehr erreichte, scheint er plötzlich bereit für etwas Neues zu sein. Er erkundet die Umgebung, beobachtet Menschen und Natur. Gemeinsam mit Cihan, einem alten Freund aus Militärzeiten, schließt er sich einer Gruppe Menschen an, die in Hütten am Meer leben. Er verbrennt seine alten Sachen und Möbel. Bis dahin eher als stiller Antiheld aufgetreten, lächelt er zum ersten Mal. Selim erlebt einen Neubeginn in sich selbst.
Er beginnt ein neues Leben
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Im Mittelpunkt von „The Gulf“ stehen die Dialoge zwischen Selim und einzelnen Menschen aus seiner Vergangenheit. Trotzdem haben einzelne Charaktere nur kurze Auftritte. Bis auf Cihan spielt keiner eine Rolle für die Entwicklung seines neuen Selbst. Dialogszenen wechseln mit Szenen, in denen Selim einfach Menschen beobachtet oder aufs Meer schaut. Mehrmals guckt er direkt in die Kamera, was die Beklemmung, die man als Zuschauer empfindet verstärkt. Selim erlebt eine Reise zurück zu seinen Wurzeln, auf eine bedrückende Art, die ihn irgendwann dazu bringt, sich mit seiner Zukunft auseinanderzusetzen. Er beginnt ein neues Leben.
In den letzten Minuten des Films spaziert Selim durch Izmir und kommt schließlich auf eine Lichtung, wo er auf alle Menschen trifft, denen er bereits im Film begegnet ist. Die Stimmung ist hoffnungsvoll, alle lachen.
„The Gulf“ ist durchzogen von komischen, tragisch komischen und hinterfragenden Momenten. Das Debüt des türkischen Regisseurs Emre Yeksan macht nachdenklich, verwirrt aber auch. Die Vorbereitung der türkisch-griechisch-deutschen Co-Produktion nahm vier Jahre in Anspruch. Der Film feierte dieses Jahr beim Filmfest in Venedig Premiere. Im Rahmen des Hamburger Filmfests wurde „The Gulf“ zweimal gezeigt.
Die lebendige Beschreibung der Handlung und des Helden von „The Gulf“ machen neugierig. Ich werde mir den Film anschauen!