Hamburg wird nicht von alleine zur Fahrradstadt. Es braucht große und mutige Entscheidungen, die dem Radverkehr konsequent mehr Raum geben und den Autos Platz wegnehmen. Damit lassen sich heute wohl auch Wahlen gewinnen.
Östlich der Alster, zwischen Schwanenwik und Kennedybrücke, ist es für Radfahrer besonders gefährlich. Auf dem engen und kurvigen Weg fahren – in Konkurrenz mit Joggern, Spaziergängern und anderen Radfahren – täglich bis zu 14.000 Menschen. Jede Fahrt wird zur Adrenalindusche. Gleich nebenan schieben sich derweil etwa 70.000 Autos und Lkws gemächlich über fünf breite Spuren. An Stellen wie dieser kann der Senat zeigen, ob er es ernst meint mit der Fahrradstadt Hamburg.
Für eine Fahrradstadt braucht Hamburg Mut & Konsequenz
Ein Umbau ist gewiss nicht einfach, aber unabdingbar. Östlich der Alster muss man auf mindestens eine Straßenspur und einige Parkplätze verzichten, um den vielen Radfahrern, Sportlern und Fußgängern an der Alster genügend Raum für ein sicheres Miteinander zu bieten. Jahrzehnte bevorzugte die Politik den Autoverkehr, jetzt ist die Zeit gekommen, den anderen Verkehrsteilnehmern mehr Platz zu geben. Denn es werden immer mehr.
Sprich: Der Senat muss den Autos und Lkws konsequent Platz wegnehmen – zumindest an Abschnitten wo viel Fahrrad gefahren wird. Dazu zählen auch Parkplätze. Die verbleibenden Parkplätze müssen mindestens so viel wie ein Tagesticket für den HVV kosten. So ließe sich die Zahl der Fahrzeuge automatisch reduzieren. Verkehrswissenschaftler Hermann Knoflacher hat diesen Plan in Wien durchgesetzt und sagt gegenüber dem „Spiegel“: „Verkehr besteht immer aus Start und Ziel. Wenn das Ziel sehr teuer ist, fällt die Fahrt mit dem Auto aus.“
So ein großer und mutiger Plan fehlt in Hamburgs Radverkehrspolitik leider noch. Bislang führen die Fahrradwege wahllos über Radfahrstreifen mit durchgezogenen Linien, über gestrichelte Schutzstreifen, Fahrradstraßen, inmitten des Verkehrs oder auf dem Gehweg neben Fußgängern. Das nervt und ist lebensgefährlich. Es muss ein übergeordnetes Konzept her.
In anderen Städten klappt‘s auch
Für diesen Schritt braucht es mutige Verantwortliche in der Politik. Wobei: Mit fahrradfreundlicher Planung lässt sich mittlerweile sicher auch eine Wahl gewinnen. In einer Zeit, in der sich die “Hamburger Morgenpost” auf großen Plakaten für mehr Radwege ausspricht und der Axel Springer Verlag neben seinen Automagazinen eine eigene Publikation für Radfahrer herausgibt, ist das nicht unwahrscheinlich.
Andere Städte zeigen, wie es gehen kann: In Kopenhagen und Amsterdam sind die Bedingungen für Radfahrer seit Jahren um einiges besser als in Hamburg. In Utrecht etwa wird gerade das größte Fahrradparkhaus der Welt gebaut, Radfahrer haben hier längere Grünphasen als Autofahrer und breite Radwege bieten sogar dem Lastenradverkehr genug Platz.
Auch in Wien wurde der Anteil an Autos im Straßenbild stark reduziert, indem man Flächen – vor allem zugunsten des ÖPNV – umverteilt hat. „Wir haben die Autofahrer genervt. Wir haben Straßen verengt und systematisch Stau erzeugt“, sagt Knoflacher. Die Praxis in anderen Ländern zeigt: Radfahren muss nicht nur die schnellste und günstigste Art sein, sich in der Stadt fortzubewegen, sondern auch die komfortabelste. Es kann klappen mit der Fahrradstadt!
Keine Fake News bitte: das größe Fahrradparkhaus der Welt ist m.W. schon in Betrieb in Utrecht, seit 2017. Ansonsten richtig: wer gute Bedingungen für Rad- und Fußverkehr schaffen will, muss An der Alster am Ostufer dem Autoverkehr einiges wegnehmen. Und das braucht Mut, gerade in Hamburg!
Lieber DeGü, vielen Dank für Deinen Beitrag.
Ein Teil des Fahrradparkhauses für 6.000 Räder ist bereits fertig. Ein zweiter Abschnitt für weitere 6.500 Räder soll im Laufe dieses Jahres eröffnen. Darüber berichtete zum Beispiel auch das Fachblatt Bauwelt.
Viele Grüße, FINK.HAMBURG
Wer will denn tatsächlich eine Fahrradstadt?
Die überwiegende Mehrheit der Hamburger will es nicht. Wenn überhaupt handelt es sich um Freizeit bzw Schönwetterfahrer. Tatsächlich geht es einigen doch überhaupt nicht um die Förderung des Radverkehrs, sondern um die Gängelung der Autofahrer. Früher war es der Klassenfeind heute das Auto.