Die FINK.HAMBURG-Redakteure haben auf dem Weg zum Campus einige Car- und Ridesharing-Dienste getestet. In der wöchentlichen Serie teilen sie ihre Erfahrungen.
Eine neue Kampagne fürs Fahrradfahren, die Erlaubnis zur Benutzung von E-Tretrollern auf Hamburgs Fahrradwegen und Elektrobusse als Sammeltaxis: Hamburg setzt vermehrt auf nachhaltige Mobilität. Fahren die Elektrobusse von Moia wirklich immer leer durch die Gegend und lohnt es sich bis zur nächsten Stadtrad-Stationzu laufen, wenn mal alle Fahrräder ausgeliehen sind? Nach ShareNow-Partner DriveNow geht es weiter mit Car2go.
Car2go, vom deutschen Autohersteller Daimler und Teil von ShareNow, ist mit seiner rund 20.000 Fahrzeugen starken Flotte in 14 Ländern und 31 Standorten vertreten. Nach Berlin und Madrid ist Hamburg der drittgrößte Car2go Standort in Europa. Im Sommer 2018 waren rund 200.000 Hamburger und Hamburgerinnen registriert.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Für eine Fahrt mit Car2go muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Vor allem in den zentralen Stadtteilen ist es sehr wahrscheinlich, dass man zu Stoßzeiten geduldig sein muss. Auf der Karte in der Car2go-App sehen die Nutzer*innen, welche Fahrzeuge sich in der Nähe befinden, wo das Geschäftsgebiet endet und wo die Fahrzeuge nach einer Miete abgestellt werden können. Autos können nicht nur für einen Minutenpreis, sondern auch in Stundenpaketen gemietet werden.
Ist gerade kein Auto in der Nähe, kann man mithilfe des Radars einen Umkreis bestimmen. Sobald ein Auto in der Nähe ist, wird eine Pushnachricht an das Smartphone gesendet. Car2go-Autos können maximal 20 Minuten reserviert werden. Das ist genügend Zeit, um die Tasche zu packen, Schuhe anzuziehen und zum Auto zu gehen.
In Winterhude ist morgens nicht immer ein Auto verfügbar. Vor allem die günstigeren und kleineren Smarts sind beliebt und schnell weg. Aus Zeitnot wird es dieses Mal deshalb der Mercedes GLA für 39 Cent die Minute statt eines Smarts für 26 Cent die Minute, mit dem sich auch die Parkplatzsuche viel einfacher gestaltet. Zumindest sind es nur 150 Meter zum Auto.
Schadensprüfung am Fahrzeug vornehmen und per Knopfdruck in der App die Miete starten. Zum FINK.HAMBURG-Newsroom sind es knapp 2,3 Kilometer – mit dem Fahrrad etwa zehn Minuten. Das Navigationssystem berechnet aufgrund von Baustellen eine Fahrzeit von 12 Minuten für 2,7 Kilometer.
Im Wageninnern riecht es nach dem Leder der Sitze. Der Regen prasselt von außen an die Autoscheiben. Das Fahrrad zieht bei diesem Wetter auf jeden Fall den Kürzeren. Ist der Handyakku mal wieder leer, oder läuft im Radio wieder ein Song in Dauerschleife, kann das Handy an das Auto angeschlossen werden. Während Andere auf dem Fahrrad mit Gegenwind kämpfen und mit Regenschirmen auf den Bus warten, drehe ich im Trockenen die Musik aus der Surround-Anlage lauter.
Rotphasen und Parkplatzsuche erfordern Geduld
Da Car2go pro Minute abrechnet, erscheint jede Rotphase wie eine Ewigkeit. Die Fahrt im Berufsverkehr erfordert Geduld – oder einen gefüllten Geldbeutel. Müllabfuhr und Busse werden zügig überholt. Wenn endlich ein Parkplatz gefunden ist, wird nicht lange getrödelt, sondern das Auto schnell verlassen.
Es kommt vor, dass der Motor das ein oder andere Mal laut aufheult und das Leihauto an der erstbesten Straßenecke abgestellt wird. Getreu dem Motto: Ist ja nicht meins. Es ist nicht verwunderlich, dass Carsharing-Fahrzeuge ein relativ kurzes Leben haben. Anbieter tauschen ihre Fahrzeuge regelmäßig gegen aktuellere Modelle aus um den Kunden das Neuste zu bieten und um Verschleißreparaturen auf ein Minimum zu reduzieren.
Wenns mal kracht
Bei Verstößen gegen die StVo setzen sich die Behörden mit Car2go in Verbindung, um den Verantwortlichen oder die Verantwortliche zu ermitteln. Einige Wochen später kommt dann Post von den Behörden. Car2go berechnet außerdem eine zusätzliche Verwaltungsgebühr.
Bei Unfällen muss ein Schadensformular ausgefüllt werden. Liegt die Schuld bei dem Fahrer oder der Fahrerin, wird der Unfall nicht von der Versicherung gedeckt. In diesem Falle kann Car2go eine Selbstbeteiligung zwischen 500 und 1000 Euro fordern, je nach Wagenklasse.
Fazit
Nach 14 Minuten Mietzeit, 2,7 Kilometern und einem Preis von 5,46 Euro steht fest: Car2go ist für mich keine alltägliche Alternative zum Fahrrad. Auf einer so kurzen Strecke im Berufsverkehr bietet das Auto keinen nennenswerten Vorteil, außer das Sitzen im Trockenem. Baustellen müssen großräumig umfahren werden und Schleichwege und Abkürzungen, die nur mit dem Fahrrad befahrbar sind, fallen leider aus. Bei längeren Strecken, Fahrten außerhalb der Hauptverkehrszeiten oder wenn etwas transportiert werden muss, ist Car2go die richtige Wahl. Morgen schwinge ich mich lieber wieder auf das Fahrrad.
Du schwingst Dich lieber in den Sattel? Dann lies hier den Testbericht über Stadtrad Hamburg.
Du nutzt lieber DriveNow? Hier findest du Janniks Erfahrungsbericht.
Car2go und DriveNow wird ShareNow. Mehr Informationen gibt es hier.
Titelillustration: Sarah J. Ejim