FINK.HAMBURG-Redakteur*innen testen auf dem Weg zum Campus Car- und Ridesharing-Dienste. In der wöchentlichen Serie teilen sie ihre Erfahrungen. Diesmal: E-Scooter des Berliner Start-ups Tier Mobility.

Eine neue Kampagne fürs Fahrradfahren, E-Tretroller, die auf Hamburgs Fahrradwegen rollen dürfen und Elektrobusse als Sammeltaxis: Hamburg setzt vermehrt auf nachhaltige Mobilität.

Um Tretroller mit elektrischem Antrieb, sogenannte E-Scooter, haben sich Politiker*innen in Deutschland wochenlang gestritten nun können sie ausgeliehen und ausprobiert werden. Mehr als 2000 solcher Roller von insgesamt vier verschiedenen Anbietern stehen seit Ende Juni im Hamburger Stadtgebiet verteilt, zwei weitere Anbieter wollen nachziehen. Für diesen Test fällt die Wahl auf einen Roller des Berliner Start-ups Tier Mobility.

E-Scooter des Anbierters Tier parkt vor einem Fahrradständer. Im Hintergrund zwei weitere Escooter anderer Anbieter.
Ein E-Scooter des Berliner Start-ups Tier Mobility. Daneben parken zwei weitere E-Scooter anderer Anbieter. Foto: Lea Zurborg

Gewinnen die E-Scooter von Tier gegen Fahrrad und U3?

Der Startpunkt liegt an der U- und S-Bahn-Station Berliner Tor. Von hier aus sind es rund 2,8 Kilometer bis zur FINK.HAMBURG-Redaktion auf dem Mediencampus Finkenau. Mit dem Rad sind es – je nachdem, wie gnädig die Ampelschaltungen sind – etwa zwölf Minuten. Die U3 benötigt vier Minuten, von der Bahnstation folgen jedoch noch acht Minuten Fußweg. In der Summe kommt man mit beiden Verkehrsmitteln also auf fast die gleiche Wegzeit. Können die E-Scooter das toppen?

Der nächste Tretroller parkt genau vor dem Ausgang der S-Bahn-Station Berliner Tor. Perfekt, denn von hier geht es einmal über die Ampel und direkt auf den Fahrradweg am Geesthang von Borgfelde. Das Fahren auf Gehwegen ist in Deutschland tabu, ein Verstoß kostet je nach Schwere um die 20 Euro. Einen Führerschein benötigen die Nutzer*innen nicht, vorgeschrieben ist lediglich das Mindestalter von 14 Jahren.

Die Ausleihe ist simpel: App laden, Handynummer, Kontaktdaten und eine Zahlmethode hinterlegen. Aktuell funktioniert letzteres nur per Kreditkarte. Einmal registriert, zeigt die App auf einem Stadtplan alle verfügbaren Roller, ihre Entfernung und den Akkustand an. Um die Fahrt zu beginnen, gibt es drei Möglichkeiten: In der App den entsprechenden Roller antippen, die Nummer eines bestimmten Rollers per Hand eintippen oder den QR-Code am Lenker scannen.

Startbildschirm der Tier-App mit Stadtplan und drei verfügbaren Rollern
Blick in den Startbildschirm der Tier-App. Screenshot: Lea Zurborg

Im Stau sind die E-Scooter überlegen – trotz Tempolimit

Mit dem E-Scooter über die Fahrradwege sausen, das macht mehr Spaß als erwartet. Am rechten Griff beschleunigt der Roller, links und rechts befinden sich jeweils Handbremsen. Ein Display auf dem Lenker zeigt Geschwindigkeit und Akkustand an. Bis zu 20 km/h sind in Deutschland erlaubt – ein kleines Manko, denn auf dem gut ausgebauten Fahrradweg bis zur Burgstraße wäre ich mit dem Fahrrad deutlich flotter unterwegs. Auch anderen Radfahrer*innen scheine ich zu langsam zu sein, denn die meisten von ihnen überholen mich.

Immerhin bin ich trotz der Beschränkung auf 20 km/h schneller unterwegs als manche Autofahrer*innen an diesem Morgen. Hinter der Kreuzung Burgstraße/Sievekingsallee staut sich der Berufsverkehr aufgrund der Straßenbauarbeiten um die S-Bahn-Station Landwehr. Ein Sieg für den E-Tretroller? Zumindest heute, denn der Radweg ist frei. Ich spare sicher drei Ampelschaltungen.

Stärker als Fußgänger, schwächer als Autos und Lkw

Anbieter Tier empfiehlt, während der Fahrt einen Helm zu tragen. In Deutschland ist das jedoch keine Pflicht. Ich habe keinen dabei, auf den Radwegen fühle ich mich trotzdem einigermaßen sicher. Etwas mulmig wird mir jedoch, als ich mich zur Überquerung der Wandsbeker Chaussee auf der Fahrbahn zwischen den geradeaus fahrenden und den rechts abbiegenden Autos einordnen muss. Neben dem Müllfahrzeug links von mir fühle ich mich mit meinem Roller ziemlich klein. In diesem Fall wünsche ich mir, die Fußgängerampel mitbenutzen zu dürfen.

Nach 14 Minuten ist die Finkenau erreicht. Kostenpunkt: 3,66 Euro. Außer dem Preis gibt es also zeitlich keinen eindeutigen Unterschied zu Bahn und Fahrrad. Im Vergleich zum Fahrrad habe ich mich jedoch deutlich weniger körperlich betätigt, also auch weniger geschwitzt.

Die Rückgabe ist genau so einfach wie die Ausleihe. Die E-Scooter dürfen fast überall auf öffentlichem Grund abgestellt werden, in der App muss die Fahrt dann noch beendet werden. Wichtigste Maßgabe für den Abstellort: Sie sollen nicht im Weg herumstehen. In der Praxis schafft das nicht jede*r Nutzer*in. Die Stadt Hamburg hat extra Parkverbotszonen an großen öffentlichen Plätzen und in Parks eingeführt, die in der App eingezeichnet sind. Außerhalb stehen die Tretroller dennoch oft verloren in der Gegend herum.

Die Benutzung der E-Scooter von Tier erklärt in sieben Schritten.
Tier E-Scooter. Erklärt in sieben Schritten. Erstellt mit Piktochart von Carlotta Schaffner.

Fazit

Die Fahrt mit dem Roller macht Spaß, ist komfortabel und auf der Kurzstrecke zumindest im Berufsverkehr schneller als mit dem Auto. Preislich liegt sie im Mittelfeld unseres großen Sharinganbieter-Vergleichs. Das liegt auch daran, dass sich damit keine wirklich weiten Strecken in kurzer Zeit zurücklegen lassen.

Überzeugte Auto- oder Radfahrer*innen werden wohl nicht auf die elektrischen Flitzer umsteigen. Im Alltag kommen die Mietroller voraussichtlich am ehesten für Menschen infrage, die aufs Fahrrad verzichten, um unverschwitzt im Büro anzukommen. Für alle anderen sind sie ein netter Freizeitspaß.

Die E-Scooter von Tier im Überblick. Erstellt mit Piktochart von Luise Reichenbach.

Titelillustration: Sarah J. Ejim

Du fühlst dich auf einem großen Elektroroller wohler? Carlotta hat Emmy getestet.

Doch am liebsten mit dem Auto unterwegs? Lissy ist Car2go gefahren.

Du bleibst beim klassischen Drahtesel? Ben war mit dem Stadtrad unterwegs.

Du willst dich chauffieren lassen? Justus hat Moia ausprobiert.