Tickets für öffentliche Verkehrsmittel in Hamburg sind teuer. Für Studierende sind Semestertickets eine günstige Alternative. Doch wie schneidet Hamburg im Semesterticket-Vergleich mit anderen Bundesländern ab?
Hamburger*innen haben es lange geahnt, nun ist es offiziell: Hamburg hat deutschlandweit die teuersten Monatstickets für den öffentlichen Nahverkehr. Das geht aus dem Preisvergleich 2019 des ADAC hervor, den der Automobilclub im Juni dieses Jahres veröffentlichte. Die Monatskarte kostet derzeit 109,20 Euro.
Für Studierende stellt das Semesterticket eine günstige Alternative dar. Der Tarif ermöglicht eine dauerhaft vergünstigte Nutzung vieler Verkehrsmittel und häufig auch einen größeren Geltungsbereich. Doch sowohl die Kosten als auch die Reichweite variieren von Hochschule zu Hochschule.
FINK.HAMBURG hat sich die Semestertickets der größten Hochschulen und Universitäten aller 16 Bundesländer angeschaut und sie im großen Semesterticket-Vergleich gegenübergestellt.
DIE SEMESTERTICKETS IM RANKING
Um die Bundesländer möglichst fair vergleichen zu können, haben wir uns jeweils auf die größte Hochschule oder Universität – gemessen an der Anzahl der Studenten – eines Bundeslandes konzentriert. Für das Ranking der Semestertickets haben wir folgende vier Bewertungskriterien erarbeitet:
- Preis des Semestertickets und Anteil des Semesterbeitrags
- Größe des Geltungsbereichs
- Eventuelle Zusatzleistungen
- Erreichbarkeit von naheliegenden (Groß-)Städten
Für Studierende sind diese Kriterien von besonderer Bedeutung. Mit dem Ranking erheben wir nicht den Anspruch, die Universitäten und Hochschulen im Allgemeinen bewerten zu können, sondern beziehen uns lediglich auf diese vier Bewertungskriterien.
Die Hamburger Hochschulen
Die HAW, die UHH und die TUHH schneiden im Bundesvergleich insgesamt alle mittelmäßig ab. Der Betrag des Semestertickets beläuft sich bei allen auf 177,60 Euro und umfasst damit mehr als die Hälfte des Semesterbeitrags. Die Semesterbeiträge der beiden Universitäten unterscheiden sich um 60 Cent, während der Betrag der HAW um sieben Euro höher ist. Grund hierfür ist ein höherer AStA-Beitrag und höhere Semesterticket-Härtefonds. Die Hamburger Hochschulen punkten vor allem im Vergleich zu den regulären Preisen des HVV-Monatstickets.
Zu kritisieren ist der vergleichsweise geringe Geltungsbereich des Semestertickets. Das Ticket gilt lediglich für den HVV-Gesamtbereich Hamburgs. Umliegende Städte wie Bremen, Cuxhaven, Hannover, Kiel und Lübeck sind nicht kostenfrei zu erreichen. Der AStA befindet sich aktuell in Gesprächen mit dem HVV über das Semesterticket 2020.
“Alle Studierenden müssten für dieses Ticket mehr bezahlen.”
Zum 15. Dezember 2019 erweitert der HVV sein Tarifgebiet zwar bis in die Landkreise Cuxhaven, den Heidekreis, Rotenburg und Uelzen. Das gilt jedoch nur für Zeitkarten wie Wochen-, Monats- und Jahreskarten. Rainer Vohl, Pressesprecher des HVVs, erklärt gegenüber FINK.HAMBURG: “Der Geltungsbereich des Semestertickets bleibt auch im Jahr 2020 unverändert.” Damit gemeint ist der HVV-Gesamtbereich ABCDE. Die Begründung: “Von einer weiteren Ausweitung der Gültigkeit des Semestertickets würden nur sehr wenige Studierende profitieren, gleichzeitig müssten aber alle Studierenden für dieses Ticket mehr bezahlen.”
Die HAW Hamburg im Semesterticket-Vergleich.
Die Universität Hamburg im Semesterticket-Vergleich.
Die Technische Universität Hamburg im Semesterticket-Vergleich.
Die Hamburger Hochschulen im großen Semesterticket-Vergleich. Illustrationen: Carlotta Schaffner
Unsere Favoriten
Im Bundesländervergleich schneidet das Semesterticket der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel am besten ab, weil der Geltungsbereich nicht nur gesamt Schleswig-Holstein abdeckt, sondern auch in Hamburg für die Bereiche A und B gültig ist. Aber auch Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen überzeugen mit ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Christians-Albrechts-Universität zu Kiel im Semesterticket-Vergleich.
Du studierst in Schleswig-Holstein? Dann raus aus der Uni und ab in die Öffis! Für schlappe fünf Euro mehr als unser Hamburger Semesterticket können nicht nur alle Nahverbindungen in Schleswig-Holstein genutzt werden, sondern auch die Ringe A und B des HVVs. Das entschädigt dafür, dass Hunde und Fahrräder eine Zusatzkarte brauchen. Pluspunkt: Ab dem Wintersemester 2019/20 wird das Ticket voraussichtlich digital abrufbar sein.
Die Universität Potsdam im Semesterticket-Vergleich.
Für Studenten der Uni Potsdam enthält ein Semesterticket den gesamten Bereich des VBB (Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg). Während Studierende in Berlin fast 20 Euro mehr alleine für den Großbereich Berlin zahlen, können Studierende in Brandenburg nicht nur sparen, sondern ihr Ticket auch noch in ganz Brandenburg und in Berlin nutzen und sowohl Hund als auch Fahrrad mitnehmen.
Die Technische Universität Dresden im Semesterticket-Vergleich.
Das Semesterticket der TU Dresden überzeugt durch den großen Geltungsbereich des VVOs, des SPNVs und die Möglichkeit die Fahrradleihsysteme sz-bike und nextbike zu nutzen.
Das Semesterticket der Universität zu Köln im Semester-Vergleich.
Das Ticket bietet die Möglichkeit, beliebig oft mit den U-, S- und Regionalbahnen innerhalb NRWs zu fahren. Das Highlight des Tickets: Wochentags ab 19 Uhr bis 3 Uhr des Folgetages sowie an Wochenende und Feiertagen kann zusätzlich eine Person über 14 Jahren unentgeltlich im VRS-Bereich mitgenommen werden. Möglich auch: bis zu drei Personen bis 14 Jahren.
Unsere Favoriten im großen Semesterticket-Vergleich. Illustrationen: Carlotta Schaffner
Verbesserungswürdig
Im benachbarten Niedersachsen, einschließlich der Hansestadt Bremen, deckt das Semesterticket des Verkehrsbundes VBN ein sehr großes Geltungsgebiet ab. Allerdings sind Semesterbeitrag und Anteil des Tickets hier überdurchschnittlich hoch. In Bremen und Frankfurt können dafür kostenlos einige Kultureinrichtungen besucht werden. Im Gegensatz hierzu müssten insbesondere Bundesländer wie Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt an der Größe ihres Geltungsbereichs arbeiten.
Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Semesterticket-Vergleich.
Mit dem MDV-Semesterticket können Studierendende ein weites Gebiet befahren und naheliegende größere Städte erreichen. Der Preis und Preisrelation sind verbesserungswürdig.
Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Semesterticket-Vergleich.
Studierende der Uni Mainz erhalten bei dem Fahrradvermietsystem MVGmeinRad vergünstigte Tarife. Mit dem Semsterticket können zwar viele Städte in Hessen erreicht werden, für Städte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg brauchen Studenten aber Anschluss-Semestertickets.
Die Georg-August-Universität-Göttingen im Semesterticket-Vergleich.
Das Semesterticket in Göttingen ist landesweit in Niedersachsen und Bremen für den öffentlichen Nahverkehr nutzbar. Zusätzlich gilt das Ticket wie in Bremen auf Strecken in andere Großstädte in den angrenzenden Bundesländern. Mit dem eingeschlossenen Kultursemesterticket kann eine Auswahl an Veranstaltungen und Kultureinrichtungen kostenlos oder vergünstigt besucht werden.
Die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main im Semesterticket-Vergleich.
Im Semesterticket ist ein Kulturticket inbegriffen, welches Studenten kostenlosen Eintritt in alle 13 städtischen Museen in Frankfurt gewährt. Außerdem können einige Städte in Südhessen und Rheinland-Pfalz erreicht werden.
Die Universität Bremen im Semesterticket-Vergleich
In Bremen können Studierende landesweit in Niedersachsen und Bremen den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Zusätzlich gilt das Ticket auf den Strecken unter anderem bis Hamburg Hbf, Lübeck Hbf, Kassel Hbf und Münster (Westf) Hbf. Mit dem eingeschlossenen Kultursemesterticket können Studierende alle Vorstellungen und Premieren im Theater Bremen besuchen. Ausgeschlossen sind Gastspiele, Sonderveranstaltungen sowie Konzert- und Partyveranstaltungen.
Die Freie Universität Berlin im Semesterticket-Vergleich.
In Berlin ist im Semesterticket der Tarifbereich ABC enthalten. Das heißt nachts in der Bahn einschlafen und bis zur Endstation durchfahren, ist hier in U- und S-Bahn kein Problem. Schloss Sansoucci, beide Flughäfen und einige Badeseen sind auch noch mit dem Ticket zu erreichen. Wer der Stadt allerdings mal komplett entfliehen will, muss zuzahlen.
Die Ludwig-Maximilian-Universität München im Semesterticket-Vergleich.
Das Semesterticket an der LMU besteht aus einem verpflichtenden Solidaritätsbeitrag und der freiwilligen "IsarCard Semester". Der Solidaritätsbeitrag ermöglicht die Nutzung im gesamten MVV-Verbundgebiet nur in den Nebenzeiten.
Die verbesserungswürdigen Hochschulen und Universitäten im großen Semesterticket-Vergleich. Illustrationen: Carlotta Schaffner
Unsere Verlierer
Im Semesterticket-Vergleich schnitten Thüringen und Baden-Württemberg am schlechtesten ab. Größte Kritik sind Zusatzkosten, eingeschränkte Nutzung oder unverhältnismäßig hohe Preise für kleine Geltungsbereiche. So kommen Studierende beispielsweise in Rostock und in Jena mit dem Ticket kaum aus der Stadt heraus.
Die Universität des Saarlandes im Semesterticket-Vergleich
Mit dem Semesterticket kann der CFL Saarbrücken-Luxemburg Express sowie der Nahverkehr in Luxemburg kostenfrei genutzt werden. Außerdem gibt es Anschlussfahrkarten nach Paris und Straßburg. Ansonsten ist der Geltungsbereich sehr beschänkt.
Die Friedrich-Schiller-Universität Jena im Semesterticket-Vergleich
Für die Fahrradmitnahme im Jenaer Nahverkehr muss ein zusätzlicher Fahrschein erworben werden. Mit dem Semesterticket können aber immerhin IC-Züge zwischen Gera und Erfurt genutzt werden.
Die Universität Rostock im Semesterticket-Vergleich
Die Semesterticket gilt in Rostock im gesamten Liniennetz und in allen Verkehrsmitteln (Bus, Tram, S-Bahn, Fähre). Wer allerdings mal aus Rostock raus und in die umliegenden Gebiete fahren will, muss zuzahlen.
Die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Semesterticket-Vergleich
Das Semesterticket in Heidelberg ist nicht automatisch im Semesterbeitrag inkludiert, sondern muss gegen Aufpreis extra gelöst werden. Studierende dürfen nur ab 19 Uhr oder am Wochenende Bus und Bahn im Geltungsbereich des VRN nutzen.
Unsere Verlierer im großen Semesterticket-Vergleich. Illustrationen: Carlotta Schaffner
FAZIT
Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen sind im Semesterticket-Vergleich der Bundesländer unsere Sieger. Während die restlichen Semestertickets beim Preis-Leistungs-Verhältnis schwächeln oder der Geltungsbereich gerade mal bis zur nächsten Straßenlaterne reicht, fahren Studierende anderer Städte wie etwa Kiel oder Bremen zu fairen Preisen zum Kurzurlaub ans Wasser oder in naheliegende Städte.
Titelillustration: Judith Kranz