Türchen auf: In diesem Jahr erzählen Hamburger*innen im FINK.HAMBURG-Adventskalender von ihrer Weihnachtszeit. Für Gemeindepastorin Gunhild Warning bringen diese Tage zwar viel Stress, aber auch ruhige Momente, in denen sie in der leeren Kirche Weihnachtslieder singt.

In ihrer Zeit als Gefängnisseelsorgerin erlebte Gunhild Warning meist angespannte Weihnachtsfeste. Denn während für viele Menschen Weihnachten zu der schönsten Zeit im Jahr gehört, ist sie für die meisten Häftlinge die schlimmste. Deswegen genießt Warning nun als Pastorin der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde der Hauptkirche Sankt Petri die festliche Stimmung an Weihnachten – auch wenn das für sie 14-Stunden-Tage, viel Händeschütteln und gekaufte statt selbstgebastelte Geschenke bedeutet.

Was ist Ihnen in der Weihnachtszeit besonders wichtig?

Gunhild Warning: Theoretisch wären mir Zeit und Ruhe wichtig – aber die hab ich nicht! Ich arbeite zehn bis 14 Stunden täglich. Trotzdem versuche ich, mir Zeit zu nehmen – für Freundinnen und Freunde, für meinen Sohn. Einfach, um ein bisschen den Dampf rauszunehmen. Ich besorge auch total gerne Weihnachtsgeschenke, weil es mir Spaß macht, Menschen zu beschenken. Früher habe ich viel selber gebastelt. Das geht zwar nicht mehr, aber ich nehme mir die Zeit, die Geschenke schön zu verpacken.

Und: Ich singe sehr gerne Weihnachts- und Adventslieder. Wenn ich das erste Adventslied gesungen habe, dann fängt die Weihnachtszeit für mich an. In diesem Jahr war ich zum ersten Advent heiser und konnte nicht singen. Da habe ich gemerkt, dass mir das richtig fehlt. Manchmal, wenn ich lange in Sankt Petri bin und alle gegangen sind, schleiche ich mich in die leere Kirche und setze mich hin. Ich genieße dann einfach mal die Stille – oder singe.

Wie sieht für Sie ein Tag in der Vorweihnachtszeit aus?

Gunhild Warning: Ich gehe einmal quer über den Weihnachtsmarkt, wenn ich zu meinem Arbeitsplatz in der Sankt-Petri-Kirche laufe. Neben dem Seiteneingang riecht es nach Grünkohl, das ist sozusagen jeden Tag meine Begrüßung – das macht mir klar, es ist nicht April, sondern Adventszeit.

Weihnachten heißt viel Planen: Mein vollster Monat ist der November. Aber dann steht kurz vor Weihnachten doch immer noch einiges an: Es müssen die Gesangsblätter für die Weihnachtstage fertig gemacht werden, spezielle Gottesdienste vorbereitet oder Weihnachtsbriefe verschickt werden. Es gibt auch Menschen, die besonders jetzt merken, dass sie allein sind und jemanden zum Reden brauchen. Viele gehen in unser Beratungszentrum, aber einige klingeln eben auch bei mir.

Wie verbringen Sie Weihnachten?

Gunhild Warning: Am Heiligabend bin ich überwiegend in Sankt Petri. Um 14 Uhr leite ich den Familiengottesdienst. Danach gehe ich kurz nach Hause und sammle meinen Sohn ein. Dann gibt es hier um 18 Uhr eine Heiligabendfeier für Menschen, die nicht allein feiern wollen. Ein großes Team an Ehrenamtlichen stellt im Kirchraum geschmückte Tafeln auf und ein Caterer sorgt für das Essen.

Dann kommt eine Mischung aus Jung und Alt, Studierenden, die zufällig vorbeikommen, Obdachlosen, aber auch Familien, die die Feier kennen und toll finden. Um die 300 Leute feiern hier bis neun gemeinsam Heiligabend. Beim Gottesdienst später ist davon nichts mehr zu sehen, außer dass man vielleicht noch Gänsekeule oder Braten riecht.

Den Gottesdienst um 23 Uhr übernimmt jemand anderes – das hält man nicht durch. Irgendwann hat man so viele Hände geschüttelt, so viel gesprochen und so viele Menschen gesehen, dann ist es einfach gut. Nach der Kirche setzen wir uns Zuhause unter den Tannenbaum, trinken noch ein Glas Wein und packen Geschenke aus. Ich bin dann erstmal platt.

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