In den Vereinigten Staaten wird heute nicht nur der Präsident neu gewählt, sondern auch ein Großteil des Kongresses. Hier verraten wir, welche fünf Republikaner neben Donald Trump und Mike Pence bei der Wahl im Fokus stehen könnten.

Die US-Wahl 2020 ist für viele das große Duell zwischen Amtsinhaber Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden. Was viele nicht auf dem Schirm haben: Auch große Teile des Kongresses werden in diesem Jahr neugewählt. 35 Plätze im Senat sowie alle 435 Plätze im Repräsentantenhaus stehen auf dem Wahlzettel. Wer hier eine Mehrheit erringt wird die kommende Amtszeit des Präsidenten entscheidend prägen. Denn als Teil der Exekutive kann der Präsident keine Gesetze erlassen und ist auf den Kongress als Legislative angewiesen. Nur, wenn es ihren jeweiligen Parteien gelingt, beide Kammern zu besetzen, haben Trump und Biden auch wirklich die Chance, einen Großteil ihrer Wahlversprechen einzulösen. Zudem wählen zehn Staaten auch einen neuen Gouverneur. Da die Wahlbezirke nach der großen Volkszählung 2020 neu eingeteilt werden, lohnt es sich, auch diese Wahlen im Blick zu behalten.

Lage zur US-Wahl 2020
Extrem unterschiedliche Kandidaten, ein tief gespaltenes Land und ein Kongress, der in großen Teilen neu gewählt wird: Die US-Wahl 2020 ist in jeder Hinsicht historisch. Wie wichtig ist die Briefwahl? Was passiert in den kommenden Tagen? Und wird die Wahlbeteiligung so hoch ausfallen wie seit einem Jahrhundert nicht mehr? FINK.HAMBURG verfolgt für euch die Wahl und liefert Hintergründe, Erklärungen und Neuigkeiten, wenn es heißt: Trump oder Biden?

FINK.Hamburg stellt euch hier die fünf wichtige Republikaner vor und analysiert, warum ihr sie in der Wahlnacht im Blick behalten solltet.

Mitch McConnell, Senate Majority Leader, Kentucky

Ein Porträt von Republikaner Mitch McConnell
Foto: U.S. Government

Mitch McConnell ist der Mehrheitsführer (Majority Leader) seiner Partei im Senat und damit momentan der wohl wichtigste Republikaner nach Präsident Trump. Bereits seit 1985 ist er Teil des Kongresses und damit in der aktuellen Senatskonstellation das Mitglied mit der drittlängsten Amtszeit.

Die Position als Mehrheitsführer hält McConnell seit 2015, nachdem die Republikaner den Demokraten die Mehrheit in den Midterm-Wahlen entrissen hatten. Während der letzten beiden Amtsjahre von Präsident Barack Obama versteifte sich McConnell darauf, jegliche Gesetzgebung zu blockieren, die Teil von Obamas Wahlversprechen waren. Der wahrscheinlich wichtigste Akt in seiner politischen Karriere gelang ihm 2016, als er Merrick Garland eine Abstimmung über seine Mitgliedschaft am obersten Gerichtshof („Supreme Court“) verweigerte. Obama hatte den moderaten Garland nach dem Tod des erzkonservativen Richters Antonin Scalia nominiert, um diesen zu ersetzen. Nominierte Richter für den obersten Gerichtshof müssen in den USA anschließend vom Senat bestätigt werden, zu diesem Zeitpunkt noch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. McConnell begründete seine Entscheidung damit, dass 2016 ein Wahljahr war und die Bürger mit ihrer Entscheidung bei der Präsidentschaftswahl Mitspracherecht an einem solchen Prozess haben sollten. Diese Spekulation ging auf, als Donald Trump die Wahl gewann und in Folge dessen statt Merrick Garland den konservativen Neil Gorsuch nominierte. Kein Demokrat wollte in Folge dieses Manövers für Gorsuch stimmen, weshalb McConnell und die Republikaner die Voraussetzung einer Zwei-Drittel-Mehrheit aufheben mussten und Gorsuch allein im Amt bestätigten. Durch den freiwilligen Rücktritt von Anthony Kennedy, der weder dem konservativen noch dem liberalen Teil des Supreme Courts angehörte, und dem Tod der feministischen Ikone Ruth Bader Ginsburg gelang es Trump und McConnell, dem obersten Gerichtshof mit einer konservativen Mehrheit zu besetzen. Ginsburg starb am 18. September 2020, keine zwei Monate vor der Wahl 2020. McConnell wich daraufhin von der ihm vertretenen Meinung aus 2016 ab, dass mit der Bestätigung eines neuen Richters bis nach der Wahl warten sollte, ab, um die zutiefst religiös-konservative Amy Coney Barrett im Amt zu bestätigen. McConnell bestätigte in der Trump-Ära zudem auch eine Rekordzahl an Richtern in anderen Gerichten, hauptsächlich weiße Männer. Damit ist es ihm gelungen, die Judikative in den Vereinigten Staaten für die kommenden Jahre zu prägen. Um dies zu erreichen, hat sich McConnell mit Donald Trump arrangiert, obwohl 2016 vor dessen Wahl nicht gerade zu seinen größten Anhängern gezählt hatte.

2020 muss sich McConnell einer Wahl stellen, um für eine siebte Amtszeit bestätigt zu werden. Seine Herausforderin ist die ehemalige Kampfpilotin und Demokratin Amy McGrath. Ihre Chance McConnell als Vetreter des hochrepublikanischen Kentucky zu ersetzen, stehen allerdings schlecht.

Sollte er im Amt bestätigt werden und sollten die Republikaner ihre Mehrheit im Senat behalten, hat McConnell bereits angekündigt auch Biden bei einem Wahlsieg blockieren zu wollen.

Lindsey Graham, Senator, North Carolina

Ein Porträt von Republikaner Lindsey Graham
Foto: US Senate

Lindsey Graham war 2016 vor der Präsidentschaftswahl einer der schärfsten Kritiker Trumps und ein eher moderater Republikaner. Nach dessen Sieg vollführte Graham eine 180-Grad-Drehung und ist heute möglicherweise sein größter Fürsprecher im Senat. Mit Joe Biden verband Graham einst eine tiefe Freundschaft, doch als Donald Trump im Zuge des Ukraine-Skandals Biden haltlose Korruptionsvorwürfe machte, verlangte Graham öffentlich nach einer Untersuchung von Bidens Zeit als Vizepräsident und leitete diese im Senat an. Warum Graham dem Trumpismus verfallen ist, der mit einer fast schon kultischen Verehrung Donald Trumps und der Aufgabe der eigenen politischen Identität einhergeht? Möglicherweise liegt es einfach daran, dass Graham denkt, seine eigenen Wahlchancen zu verbessern, indem er sein Schicksal an das des Präsidenten hängt, der unter Republikanern nach wie vor hohen Zuspruch genießt.

Genau da könnte er sich jedoch verkalkuliert haben: Das Rennen um seinen Senatssitz im sonst erzkonservativen South Carolina ist momentan überraschend offen. Die Kampagne seines demokratischen Herausforderers Jaime Harrison erhält momentan um vielfaches mehr Wahlspenden und Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Sollten sowohl Graham als auch Trump allerdings im Amt bestätigt werden, wird Graham vermutlich nur stärker die Interessen des Präsidenten im Senat vorantreiben.

Cory Gardner, Senator, Colorado

Porträt des Republikaners Cory Gardner
Foto: US House

Gardner hat als Senator in den letzten Jahren eher wenig im Mittelpunkt gestanden. Warum er bei dieser Wahl plötzlich sehr wichtig ist? Gardner vertritt als Republikaner den Staat Colorado, welcher lange als „Swing State“ galt. In den letzten Jahren haben sich die Kräfteverhältnisse jedoch stark zugunsten der Demokraten verschoben: Als einer der ersten Staaten in den USA legalisierte man dort Cannabis. Gardners Herausforderer ist zudem der immer noch extrem populäre ehemalige Gouverneur John Hickenlooper. Sollte Gardner diesen Sitz verlieren, könnte dies bedeuten, dass die Republikaner Colorado dauerhaft verloren haben.

Joni Ernst, Senatorin, Iowa

Porträt der Republikanerin Joni Ernst
Foto: United States Senate

Ernst hat ein ähnliches Problem wie Cory Gardner: Die Chancen, dass die Wähler*innen sie aus dem Senat wählen stehen hoch. Allerdings hat Ernsts Heimatstaat sich in den letzten Jahren eher in die zu Colorado gegensätzliche Richtung entwickelt. Nach der Wahl 2016 hielten viele Fachleute den Staat auf dem besten Weg vom „Purple State“ zum „Red State“ zu werden. Eine Niederlage von Ernst könnte deshalb als Absage der Wähler*innen an die republikanische Politik der Trump-Ära gewertet werden.

William Barr, Attorney General

Porträt von Republikaner William Barr
Foto: The United States Department of Justice

William Barr ist Teil des Trump-Kabinetts und hat dort die Position des Oberstaatsanwalts (Attorney General) inne. Er ist somit Teil der Exekutive berät die Regierung in Justizfragen, hat Kontrolle über die Strafverfolgungsbehörden (wie das FBI) und vertritt die Vereinigten Staaten vor Gericht. Einen vergleichbaren Posten gibt es in der deutschen Bundesregierung nicht, er ist aber in etwa Justizminister und Generalbundesanwalt in Personalunion.

Barr war bereits in der Regierung von George H.W. Bush in den Neunzigern Attorney General gewesen. Er hat eine sehr spezielle Auffassung von der Macht, die ein amerikanischer Präsident ausüben darf. Während der Ermittlungen des Special Counsels Robert Mueller in potentielle kriminelle Übertretungen der Trump-Kampagne 2016 schrieb Barr – zu diesem Zeitpunkt noch im Ruhestand – ein Memo an das Justice Departement, indem er Trump aggressiv verteidigte. Ein amtierender Präsident könne keine Korruption begehen, da keine Beschränkungen für das existierten, was er dürfe. Das Memo glich einem Bewerbungsbrief: Im November 2018 entließ Trump den damaligen Attorney General Jeff Sessions aus dem Amt, selbst als Trump-Loyalist bekannt, und ersetzte ihn mit Barr. Für seinen neuen Boss interpretierte Barr in der Folge den Report des Special Counsels als kompletten Schuldfreispruch für Trump – obwohl die Ermittler in Wirklichkeit Fehlverhalten des Präsidenten feststellten. Zudem entließ er einen Staatsanwalt in New York, der gegen Trump und seinen inneren Kreis wegen ihrer Finanzen ermittelte. Als er im Zuge des Todes von George Floyd zu besonders heftigen Protesten in Portland, Seattle und New York kam, deklarierte er diese Städte als anarchische Gebiete. Dies gibt ihm die Möglichkeit, diesen Städten finanzielle Hilfsmittel vorzuenthalten. Es ist wohl kein Zufall, dass genau diese Städte liberale Hochburgen sind, in denen Trump und die Republikaner sich keiner großen Beliebtheit erfreuen. In seiner Amtszeit agierte Barr eher wie Trumps persönlicher Rechtsanwalt als wie der Anwalt des Volkes.

In einem umfangreichen Profil, das Anfang des Jahres im New Yorker erschienen ist, berichtet David Rohde, dass Barr bereits in der Vergangenheit stets argumentiert hatte, dass die Macht des Präsidenten über die Exekutive absolut sei – zumindest tat er das immer dann, wenn gerade ein Republikaner im Amt war. In der Adminstration von George H. W. Bush hatte man seine Auffassung nicht geteilt, bei Trump rennt Barr mit seiner Vision eines allmächtigen Staatsoberhaupts offene Türen ein. Viel wird spekuliert, ob Barr, ähnlich wie Mitch McConnell, Trump benutzt, um seine eigene Agenda voranzutreiben. Obwohl Barr in den letzten Monaten selbst den wildesten Verschwörungstheorien des Präsidenten in der Öffentlichkeit Substanz zu verleihen versuchte, gibt es Gerüchte, dass Trump Barr nach der Wahl ersetzen könnte. Allem Loyalismus zum Trotz scheint es Trump übel aufgestoßen zu sein, dass Barr Joe Biden in der Öffentlichkeit keine Korruptionsvorwürfe machte, sowie es der Präsident im Wahlkampf tat.

Trump spielt aber laut mit dem Gedanken, bei einem knappen Rennen seinen vorzeitigen Wahlsieg zu erklären und die Auszählung der Briefwahlstimmen zu stoppen. Um diese Taktik auch juristisch durchzubringen, würde er Barr brauchen.

Titelbild: Republican Party (United States)

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