Die Generation Z soll die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfischs haben, heißt es oft über unsere Alterskohorte. Zwei Stunden im Kino zu sitzen, sollte demnach unmöglich sein – oder etwa nicht?
TikToks, Reels, Youtube-Clips – wir starren stundenlang auf den Bildschirm, wirklich hängen bleibt aber wenig. Über Zugehörige der Generation Z sagt man, sie hätten die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches. Zwei Stunden im Kino sitzen und ganz in einen Film eintauchen, sollte demnach unmöglich für sie sein. Von wegen!
Kinosessel statt Bett – das hilft
Zum Glück ist der Mensch ein anpassungsfähiges Wesen und die Aufmerksamkeitsspanne ist, wie bei so vielen Dingen, abhängig von Set und Setting.
Das präferierte Setting beim Filmschauen ist nicht das Bett und der kleine Handydisplay, sondern das Kino. Die Qual der Filmauswahl erübrigt sich durch das lineare Kinoprogramm: Um 20 Uhr stehen im Kino um die Ecke eine deutsche Romantikkomödie mit Til Schweiger, der neueste Marvel Streifen oder ein französischer Indie-Film mit Originalvertonung auf dem Programm. Da weiß ich direkt, wohin ich will – oder besser: wohin lieber nicht.
Was für eine Erleichterung, nicht stundenlang durch das Programm diverser Streamingdienstanbieter zu scrollen, bis der passende Film zwar gefunden, das Date für den Abend aber längst eingenickt ist. Ja, so viel Auswahl macht auf Dauer müde. Wer fühlt sich nicht ertappt, wenn also zu Hause die Serie angeklickt wird, die man doch eigentlich schon zweimal durchgeschaut hat. Fehlgriffe kann man dabei zwar erfolgreich vermeiden – Spannung allerdings auch.
Ins rote Samt gerutscht
Nur wenige Orte lassen mich so bewusst der Realität entfliehen, wie das Kino. Um peinliche Störungen zu vermeiden, stelle ich mein Handy zu Beginn der Vorstellung in den Flugmodus. Wenn der Werbeblock sich dem Ende neigt, das Licht gedimmt und das Rascheln der geschmuggelten Süßware langsam leiser wird, tauche ich ein.
Das Handy in der Tasche ist vergessen. Was nicht vibriert oder klingelt, stört auch nicht. Aus den Augen, aus dem Sinn. Ade kleiner Bildschirm und scheppernder Sound. Raum und Zeit sind auf einmal zwei Unbekannte, wenn man nicht alle zehn Minuten Nachrichten checken muss.
Mit dem Abspann, wenn die Lichter langsam wieder angehen, findet man sich ganz paralysiert und in das rote Samt des Sitzes gerutscht wieder in der Realität. Von den anderen Sitzen fängt es an zu rascheln und auch die ersten Handys summen. Erst dann greife auch ich wieder in meine Tasche.
Erste Dates im Kino
Die Generation Z ist auch die Generation, die zwei Jahre ihrer Jugend im Corona-Lockdown verbrachte. Keine Parties, kein Reisen, nicht mal erste Dates im Kino. Der Kinobesuch ist ein Event. Man kann sich verabreden, ohne viel reden zu müssen. Wie gut, schließlich ist die letzten Jahren auch nicht wirklich viel passiert.
Dass sich das Kino hervorragend für Dates eignet, haben auch die Generationen vor uns erkannt. Im Dunkeln kann man so manche Unsicherheit ablegen. Ob die Haare sitzen? Ganz egal. Selbst der unbeholfene Annährungsversuch wirkt im schummrigen Licht süß. Und nach dem Date: Diskutiert man über den spannenden Film oder spaßt über Til Schweigers Auftritt.
Goldfische können sich nur circa neun Sekunden auf eine Sache konzentrieren, bevor sie das eben Erlebte vergessen. Der Kinobesuch und die Erinnerung an das erste Date bleiben länger im Kopf. Und wenn nicht, waren es Person oder Film wohl nicht wert.